Heute in einer Woche ist die Bundestagswahl. Das Land ist gespaltener denn je, der Ton rauer denn je, populistische Aussagen polarisieren mehr denn je.
Und so politisch das Evangelium und damit die Botschaft Jesu auch ist – eine Wahlempfehlung kann sie heute Morgen in unserem Gottesdienst nicht sein. Wenn wir Gottesdienst feiern, geht es Gott nicht zuerst um Politik. Vielmehr lädt er uns immer wieder ein, seinen Blick auf die Welt und die Menschen in ihr einzunehmen, damit wir durch ihn Orientierung für die Herausforderungen unserer Tage finden.

Und heute Morgen, mittendrin: die Seligpreisungen.

„Selig, die arm sind vor Gott, denn ihnen gehört das Himmelreich.“

Ist bei Gott etwas verkehrt? Schon diese erste Aussage fordert mich heute Morgen heraus. Denn sind Arme nicht oft Menschen, die als faul oder ungebildet gelten? Ist Armut nicht selbst verschuldet? Jeder könnte doch arbeiten, wenn er wollte – so viele Lehrstellen sind unbesetzt.

Doch Gott stellt uns bewusst die Armen vor Augen. Und er weiß genau das, was Bertolt Brecht so treffend formulierte:

Reicher Mann und armer Mann,
standen da
und sahn sich an.
Da sagt der Arme bleich:
Wär ich nicht arm,
wärst du nicht reich.

Ich glaube, Gott hat etwas erkannt. Und das wird noch deutlicher, wenn wir die lukanische Version der Seligpreisungen betrachten. Dort heißt es nicht „Selig, die arm sind vor Gott“, sondern:

„Selig ihr Armen, denn euch gehört das Himmelreich.“

In der lukanischen Version werden nicht irgendwelche Menschen als arm bezeichnet, über die wir nachdenken sollen – wir selbst werden in diese Armut mit hineingenommen.

Ich glaube, Gott macht hier etwas sehr Kluges: Er spricht uns alle an und hält uns einen Spiegel vor.

Wo bin ich arm? Spüre ich irgendwo in meinem Leben Armut? Bin ich arm an Freunden oder an Anerkennung für meine Arbeit? Bin ich arm an Selbstwert? Bin ich materiell arm oder arm an schönen Momenten, weil der Stress alles überlagert? Bin ich arm an tiefen, echten Gesprächen und Begegnungen?

Ja, wenn ich ehrlich bin, sehe ich auch in meinem Leben Armut. Und wenn selbst ich, der materiell gut abgesichert ist, erkenne, dass mir manchmal etwas fehlt, dass nicht jedes Bedürfnis gestillt ist – dann kann es doch nicht so schwer sein, mich in andere Menschen hineinzuversetzen und verständnisvoll auf sie zu schauen, die auch arm sind.

Migration ist ein großes Thema im Wahlkampf. Doch jene, die an unseren Grenzen stehen, sind wie wir arm vor Gott. Und noch mehr als wir sind sie arm an Sicherheit, arm an Perspektiven, arm an jeglicher materiellen Versorgung.

Die erste Seligpreisung lädt uns ein, bei allen Herausforderungen einer zukunftsweisenden Migrationspolitik eine verständnisvolle Haltung einzunehmen. Keiner von denen an der Grenze kommt, weil er reich ist. Doch momentan scheint es in der Politik einen Wettbewerb zu geben, wer den Hilfsbedürftigen an den Grenzen am wenigsten hilft.

Diese Haltung ist weder sozial noch christlich – sie ist unmenschlich.

Dafür wurde Gott nicht Mensch. Er fordert uns heute Morgen auf, die Armen und unsere eigene Armut zu bedenken, damit wir uns als Einheit sehen.

Die Armut muss bekämpft werden – nicht die Armen.

Deshalb wendet sich Gott den Armen zu.

„Selig die Trauernden, denn sie werden getröstet werden.“

Vielleicht sollten wir uns viel mehr Zeit zum Trauern nehmen, anstatt zu schnell in Wut zu verfallen.

Die Anschläge der letzten Wochen machen mich tief betroffen. Sie sind so schwer zu verhindern, wenn wir nicht grundlegende Freiheitsrechte einschränken wollen und ganze Bevölkerungsgruppe unter Generalverdacht stellen wollen. Noch gestern Abend kam die Nachricht, dass eine Frau und ihr Kind an den Folgen des Anschlags in München gestorben sind. Doch ihre Familie verfällt nicht zuerst in Wut – sie bittet vielmehr darum, dass diese tragische Straftat nicht politisch instrumentalisiert wird.

Es geht nun erst einmal um Trauer – und um die Lehren, die wir daraus ziehen können. Denn eine solche Tat sollte uns genauso betroffen machen wie beispielsweise der alltägliche Mord an Frauen in Deutschland: 360 Frauen wurden im Jahr 2023 Opfer ihrer (Ex-)Partner – Männer aller Schichten und Herkünfte. Wie schwer ist es, Gewalt im eigenen Heim zu verhindern?

Ich möchte kein Leid gegeneinander aufrechnen. Jede einzelne Tat ist erschütternd. Aber anstatt in blinde Wut und Aktionismus zu verfallen, sollten wir innehalten, trauern – und nach den Ursachen suchen, die solches Unheil ermöglichen.

Die meisten Straftaten von Flüchtlingen werden von Menschen begangen, die traumatisiert in Perspektivlosigkeit gefangen sind und sich erst hier radikalisieren. Müssen wir nicht genau dort ansetzen?

Und die Femizide? Sie sind immer noch Ausdruck einer patriarchalen Gesellschaft. Müssen wir nicht auch daran etwas ändern?

Wenn wir auf das Thema Femizid so reagieren würden wie auf die Migrationsfrage, dann würden wir nicht nur fordern, dass alle Migranten das Land verlassen – sondern auch alle Männer.

„Selig die Sanftmütigen …“

Wer wird heute noch wahrgenommen, wenn er nicht polarisiert, wenn er nicht polemisch argumentiert? Wo sind die sanftmütigen Politiker, die die Wahrheit nicht verkürzen, sondern nach guten Kompromissen suchen?

Schätzen wir Sanftmütigkeit – oder finden wir solche Menschen langweilig?

„Selig, die hungern nach Gerechtigkeit …“

Welches Grundrecht, welche Würde gestehen wir heute noch ausnahmslos allen zu? Sind unsere Grundwerte abhängig von der wirtschaftlichen Lage? Würde und Asylrecht abhängig von Geld?

„Selig, die Barmherzigen …, die ein reines Herz haben …, die Frieden stiften …“

Ja, genau das brauchen wir. Aber wem trauen wir das heute noch zu?

Was sind meine Möglichkeiten, diese Haltungen, die Jesus von mir persönlich fordert, in meiner Wahl, in meinem Handeln, in meinem Leben umzusetzen?

Wie können die Seligpreisungen mich und meine Haltung zu den aktuellen Themen unserer Zeit verändern?

So wie Jesus vor 2000 Jahren zu den Menschen sprach, so spricht er heute zu uns. Und so wie die Menschen damals nach seinen Worten auseinander gingen und in ihren Alltag zurückkehrten, so werden auch wir später wieder in unseren Alltag gehen.

Was bleibt?

Für mich bleibt dieser eine Gedanke:

Wenn wir als Christen zusammenkommen und im Gottesdienst immer wieder die Worte Jesu hören, dann tun wir das, weil Gott diese Worte zu jedem Einzelnen von uns sprechen möchte. Denn er weiß: Er wirkt durch uns in dieser Welt. Er ruft uns dazu auf, diese Welt zu verwandeln.

Er spricht die Seligpreisungen zu jedem von uns, weil er weiß: Auf deine Haltung kommt es an! Auf jeden von uns kommt es an.

Denn Gott braucht uns in dieser Welt – so wie Demokratie Haltung braucht.

Und wir Christen können noch ein Zeichen setzen, wenn wir gleich Eucharistie feiern.

Egal, wie verstritten wir sind.
Egal, was uns heute Morgen herausfordert.
Egal, wozu ich zustimme oder was ich ablehne.

All das nehmen wir mit in das Mahl, das uns einen soll – das uns die Kraft geben soll, gemeinsam mit Christus und im Vertrauen auf sein Wort gute Wege für alle zu finden.

Selig die Trauernden, denn sie werden getröstet werden.

Vielleicht sollten wir uns viel mehr Zeit nehmen für das Trauern, statt zu schnell in Wut zu verfallen.

Die Anschläge der letzten Wochen machen mich sehr betroffen. Und sie sind so schwer zu verhindern, wenn wir nicht Freiheitsrechte grundlegend einschränken wollen. Noch gestern Abend kam die Botschaft, dass eine Frau und ihr Kind vom Anschlag in München gestorben sind. Und ihre Familie, verfällt eben nicht zuerst in Wut, sondern bittet darum, dass diese tragische Straftat nicht genutzt wird, um ihn politisch zu instrumentalisieren. Es geht nun erstmal um Trauer, und den Schlüssen, die man daraus ziehen kann. Denn so einen Tat sollten uns genauso betroffen machen, wie beispielsweise der tägliche Mord an Frauen in Deutschland. 360 Frauen wurden 2023 Opfer ihrer Männer bzw. Partner, Männer aller Schichten und Herkunft. Wie schwer ist es, Gewalt im eigenen Heim zu verhindern? Ich möchte nicht Opfer gegen Opfer ausspielen, jede einzelne Tat ist schlimm und schockierend. Aber statt in Wut und Aktionismus zu verfallen, sollten wir vielleicht ein wenig trauern und nach den Gründen suchen, die solches Unheil zulassen. Die meisten Straftaten von Flüchtlingen geschehen durch Menschen, die traumatisiert in einer Perspektivlosigkeit sitzen und sich erst hier radikalisieren. Müssen wir nicht daran etwas ändern? Und die Femizide: Immer noch ein Ausdruck einer Patriarchalen Gesellschaft. Müssen wir nicht daran was ändern?

Würden wir in der Femizid-Frage wie in der Migrationsfrage reagieren, würde wir nicht nur Fordern, dass alle Migranten das Land verlassen sollen, sondern auch alle Männer.

Selig die Sanftmütigen:

Wer wird heute noch wahrgenommen, wenn er nicht polarisiert, wenn er nicht polemisch argumentiert? Wo sind die Sanftmütigen Politiker, die die Wahrheit nicht verkürzen und nach guten Kompromissen suchen. Schätzen wir Sanftmütigkeit oder finden wir solche Menschen langweilig?

Selig die hungern nach Gerechtigkeit?

Welches Grundrecht, welche Würde gestehen wir denn heute noch ausnahlos allen zu? Sind unsere Grundwerte abhängig von der wirtschaftlichen Lagen?

Selig, die Barmherzig sind, ein reines Herz haben und Frieden stiften

Ja, das brauchen wir. Aber wem trauen wir das zu? Was sind meine Möglichkeiten, diese Haltungen, die Jesus von mir persönlich fordert, in meiner Wahl, in meinem Handeln, in meinem Leben umzusetzen?

Wie können die Seligpreisungen mich und meine Haltungen zu den aktuellen Themen der Zeit verändern?

So wie Jesus vor 2000 Jahren zu den Menschen sprach, so spricht er heute zu uns. So wie die Menschen vor 2000 Jahre danach auseinander gingen und in ihren Alltag zurückkehrten, so gehen wir später auch zurück in unseren Alltag.

Was bleibt?

Für mich bleibt folgender Gedanken: Wenn wir als Christen zusammenkommen und im Gottesdienst die Worte Jesu immer wieder lesen, machen wir das, weil Gott diese Worte zu jedem einzelnen von uns sagen möchte. Denn er weiß: Er wirkt durch uns in dieser Welt. Er will uns dazu berufen, diese Welt zu verwandeln. Er spricht diese Seligpreisungen zu einem jedem von uns, da er weiß: Auf deine Haltung kommt es an! Auf jeden von uns kommt es an. Weil Gott uns in dieser Welt braucht, so wie Demokratie Haltung braucht.

Und wir Christen können noch ein Zeichen setzen, wenn wir gleich Eucharistie feiern. Egal wie verstritten wir sind, egal, was uns heute Morgen Herausfordert, egal wozu ich zustimme oder was ich ablehne, all das nehmen wir mit in das Mahl, dass uns einen soll, dass uns die Kraft geben, gemeinsam mit Christus und auf sein Wort hin gute Wege für alle zu finden.