„Jeder gibt sein Bestes – immer“ dieser Satz ist mir in einer Fortbildung begegnet und er fordert mich seitdem ziemlich heraus. Meine erste Reaktion war: „Das stimmt nicht!“, und ich hatte dabei natürlich gleich Personen vor Augen. Doch dann kam ich ins Nachdenken, was dieser Satz eigentlich bedeutet.
Wenn ich diese Grundannahme für wahr halte, so verändert dies meinen Blick auf andere und mit der Zeit auch mein Verhalten. Sehe ich einen Menschen gerade in den Momenten des Scheiterns aus dieser Perspektive, so nimmt die Wut vielleicht nicht die Überhand, sondern ein gewisses Verständnis, eine Milde. Denn was dieser Satz nicht bedeutet ist, dass auch wenn jemand immer sein Bestes gibt, dass das Ergebnis auch wirklich gut wird. Das erzielte Ergebnis ist aber das Einzige, was diese Person in diesem Moment fähig war zu geben. Vielleicht bleibt er dabei hinter seinem Potential zurück, aber es wird einen Grund geben, warum mehr nicht möglich war.
Der Satz ist auch kein Weichspülen, denn auch wenn jeder sein Bestes gibt, heißt dies nicht, dass es keine Konsequenzen gibt, wenn dieses Beste nicht für die Aufgabe ausreicht. Gehe ich aber mit dieser Grundannahme in ein Gespräch darüber, so begegne ich diesem Menschen in einer wertschätzenden Weise.
Ich finde, diese Haltung hat auch etwas Spirituelles, denn genau mit dieser Grundhaltung blickt Gott auf uns Menschen. Auch wenn wir immer wieder scheitern, vielleicht sogar immer wieder an den gleichen Dingen, nimmt er niemals seinen liebenden Blick von uns.
Man könnte also auch sagen, dass ein Einüben in diese Grundhaltung ein Einüben in den liebenden Blick Gottes ist.
Mich persönlich fordert dieser Satz immer noch heraus und schnell schaue ich aus einer urteilenden Rolle auf Menschen. Ich bin aber davon überzeugt, dass es sich lohnt, weiterhin daran zu üben. Probieren Sie es doch auch einmal aus.
Alexander Steinhausen