Was braucht Gott, damit er bedingungslose Zuwendung schenken kann?

Ist diese Frage nicht eigentlich vermessen und vollkommen unangebracht? Was sollte Gott schon brauchen? Er ist doch die reine Liebe und die Fülle der Barmherzigkeit. Was könnte ihm noch fehlen, um uns seine Zuwendung zu schenken? Und als ob er etwas von uns brauchen würde!

Andererseits wird Gott Mensch – so feiern wir es zumindest an Weihnachten. Und als Mensch, genauer gesagt als Säugling, braucht er tatsächlich so einiges. Er ist angewiesen auf Maria und Josef. Er ist darauf angewiesen, dass es Menschen gibt, die ihn wickeln und stillen, die ihm Wärme und Nähe schenken. Es sind diese beiden Menschen, die ihm die Angst nehmen können, hilflos und allein zu sein. Es sind Maria und Josef, von denen er erfährt, dass seine Schreie nicht ungehört in der Welt verhallen. Sie sind die Umwelt, die auf ihn reagiert, die in seiner Hilflosigkeit auf ihn eingeht, seine Ängste lindert und seine Bedürfnisse stillt.

Gott ist ein ganz normales Kind, und er macht jene Urerfahrungen, die jeder Mensch durchlebt. Er erfährt, was es bedeutet, auf andere angewiesen zu sein. Alles, was ist und was wir sind, verdanken wir anderen. Niemand kommt von selbst auf die Welt oder wächst von allein heran.

Wie sehr war Gott in Jesus darauf angewiesen, dass sich jemand ihm liebevoll zuwendet? Und wie sehr sind wir darauf angewiesen, dass uns jemand liebevoll begegnet? Wie viele Menschen leiden darunter, dass ihnen als Kindern Zuwendung verwehrt wurde? Wie viele Menschen haben die Erfahrung gemacht, dass es da niemanden in der Umwelt gibt, der reagiert oder sich für einen interessiert?

Ich glaube, Jesus lebte sein ganzes Leben aus der Erfahrung der Zuwendung von Maria und Josef. Ich glaube, Gott ist dieses Wagnis eingegangen, um genau diese Zuwendung als wahrer Mensch und wahrer Gott zu erleben. Und um uns zu versprechen: Auf meine Zuwendung könnt ihr euch verlassen! Kein Schrei, kein ungestilltes Bedürfnis nach Liebe wird in dieser Welt einfach so verhallen, sondern spätestens in meiner Liebe beantwortet werden.

Bis dahin zeigt uns das Weihnachtsfest, dass wir ganz einfach am Reich Gottes mitwirken können – indem wir Windeln wechseln, Zuwendung schenken und auf die Bedürfnisse unseres Nächsten hören.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen und Euch frohe und gesegnete Weihnachtstage sowie echte Momente der Zuwendung.

Stefan Kaiser

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