23. Sonntag im Jahreskreis A, 10. 9. 2023

Wir erleben in der weltweiten Politik zunehmend, dass Tendenzen zunehmen, die Menschen – meistens Männer – zunehmend zu Alleinherrschern macht. Erst kürzlich hat sich der chinesische Staatschef seine Amtszeit verlängern lassen. Der russische Präsident Putin – mit vielen demokratischen Hoffnungen gestartet – entwickelt sich zu einem Diktator. Der türkische Präsident nimmt ebenfalls immer mehr die Züge eines Alleinherrschers an. Und auch in unserer Kirche gibt es diese Erscheinungen. Erinnern wir uns an die Konflikte um den früheren Bischof von Limburg, der schließlich zurücktreten musste, weil er sein Amt ausgeübt hat, ohne notwendige Kontrolle und ohne den Rückhalt im Bistum. Das ist vielen noch sehr präsent und auch heute gibt es weltweit immer wieder Skandale und Rücktritte wegen selbstherrlicher Amtsführung.

Egal ob in staatlichen Zusammenhängen oder innerhalb der Kirche oder anderen Institutionen: wir nennen so etwas einen autokratischen Führungsstil und dieser Stil passt definitiv nicht mehr in unsere Zeit, wenn er überhaupt jemals gepasst hat. Ein solcher autokratischer Stil macht Menschen abhängig und oft mundtot. Er schließt Andersdenkende aus und erzeugt Angst, die eigene Meinung kundzutun oder einen anderen Lebensstil zu pflegen als den, der von oben vorgegeben ist. Und wir kennen aus der Geschichte genügend Menschen, die dadurch unendlich viel Unheil angerichtet haben: Kaiser Nero in Rom, Genosse Stalin in der Sowjetunion, Hitler in Deutschland, Pol Pot in Kambodscha, die Männer der Kim-Familie in Nordkorea. Das sind die in den Geschichtsbüchern, dazu die vielen, die in kleineren Zusammenhängen Diktatoren und Alleinherrscher in Vereinen, Familien, Gemeinschaften gewesen sind und heute noch sind. Grundlegende Menschenrechte werden mit Füßen getreten und Menschen werden mit seelischen Verletzungen zurückgelassen.

Da gibt das Evangelium von heute uns eine ganz andere Perspektive: es spricht davon, dass es hilfreich ist, wenn wir Menschen einander korrigieren und ein Auge aufeinander haben. Es ist erstaunlich, wie einfühlsam Jesus seinen Anhängern die Sache erklärt: nicht mit dem großen Hammer zuschlagen, sondern Schritt für Schritt den Versuch wagen, Kritik und Korrektur anzubringen, wo es berechtigt ist. Es geht ja darum, einem Menschen zu helfen, damit sein Leben gelingen kann. Und da ist sicherlich so manches Mal eine wohlwollende Korrektur hilfreich.

Ein weiterer Gesichtspunkt ist die Empfehlung Jesu, nichts allein zu tun. Zwar kann man dann manchmal den Ruhm und die Ehre für sich allen verbuchen, aber gemeinsames Handeln schützt vor einsamen Entscheidungen und Isolation. Deshalb gibt es in unseren Staaten und Kommunen Parlamente. Und auch die Kirchen haben sich diesem Weg angeschlossen und Gremien gebildet, die beraten und gemeinsam entscheiden sollen. Dabei lassen sie sich leiten von dem Wort Jesu: ‚was zwei von euch gemeinsam erbitten, werden sie erhalten‘. Das ‚gemeinsam‘ ist das Schlüsselwort für das Gelingen einer Aktion oder einer Initiative. Gemeinsam kann man Ideen entwickeln, Kompromisse finden, etwas aufbauen oder auch wieder beerdigen und sich verabschieden, wenn es sich als unbrauchbar herausgestellt hat.

Und Jesus setzt noch eines drauf: es ist nicht nur effektiver, gemeinsam zu handeln, sondern es ist auch ein Handeln im Geiste Gottes, denn wo 2 oder 3 zusammen sind und gemeinsam handeln, da ist Gott in ihrer Mitte.

Einsames, autoritäres und autokratisches Handeln ist demnach gottlos. Gemeinsames Tun dagegen ist heilsam, geisterfüllt, inspiriert, wohltuend, denn: ‚da bin ich mitten unter ihnen‘. Wir singen das oft mit großer Begeisterung als Kanon: ‚Wo 2 oder 2 in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen.‘ Ich weiß dabei gar nicht mal, ob das bewusst so gern gesungen wird oder einfach nur, weil es so schön einfach zu singen ist und die Herzen anrührt und bewegt. Aber offensichtlich wird dadurch eine Wahrheit schon vorweggenommen, die sich in unseren Köpfen immer wieder neu festsetzen muss.

Und wenn es in diesen Wochen hier bei uns immer wieder zum Thema wird, wie wir als Kirche und Gemeinde und als Pastoraler Raum leben, dann könnte uns dieses Wort aus dem heutigen Evangelium eine Leitschnur sein: gemeinsam handeln, selbst wenn es nur 2 oder 3 Leute sind, da fängt Reich Gottes an.