Dritter Adventssonntag, 17.12.2023

Dreimal hören wir die Frage im heutigen Evangelium.

Es ist die Frage der Priester und Leviten, die von den Jerusalemer Juden gesandt wurden, … an den, der uns bereits in den ersten Versen von heute vorgestellt wurde:

„Es trat ein Mensch auf, der von Gott gesandt war; sein Name war Johannes. Er kam als Zeuge, um Zeugnis abzulegen für das Licht, damit alle durch ihn zum Glauben kommen. Er war nicht selbst das Licht, er sollte nur Zeugnis ablegen für das Licht.“

Diese Worte stammen aus einem der theologischen Spitzentexte des Neuen Testaments, dem sogenannten Johannes-Prolog, also aus dem großen Christushymnus, den wir am 1. Weihnachtstag als Evangelium hören werden.

Es sind jene Verse, die programmatisch den Täufer als Zeugen für das Licht, also für das Mensch gewordene Wort Gottes, für Jesus, bezeichnen.

Im Anschluss daran kommen Verse aus dem Teil des Evangeliums, der unmittelbar auf den Prolog folgt und den Anfang des öffentlichen Wirkens Jesu erzählt.

„Wer bist Du?“

Wer kennt sie nicht, diese Frage?

Mal höflich aber bestimmt formuliert, wie etwa bei einer Bewerbung um einen neuen Arbeitsplatz bzw. einem Vorstellungsgespräch, mal indirekt gestellt, wenn man in eine neue Beziehung eintritt…

Oder auch mal ganz direkt aus Kindermund…

„Wer bist Du?“

Dabei geht es immer um eins:

Menschen haben ein – mitunter – gesteuertes Interesse, jemanden kennenzulernen… gesteuert deshalb, weil es ein Kind wohl wenig interessiert, ob jemand in seinem Beruf überaus erfolgreich ist… höchstens, ob man damit eine Menge Geld verdient… Kinder sind einfach liebevoll neugierig… auf Neues.

Einen potenziellen neuen Arbeitgeber darf aus Gründen des Schutzes der eigenen Persönlichkeit eigentlich nur Dinge in Erfahrung bringen, die direkt im Zusammenhang mit dem Job stehen.

Und dem erzähle ich natürlich nur von meinen hervorragenden Kenntnissen und Erfahrungen im Beruf… vielleicht noch vom sozialen Engagement… das kommt ja immer gut, wenn es den Job nicht stört…

Und ein Mensch, der in unser Leben tritt, in dem wir uns vielleicht verlieben?

Den stellen wir uns natürlich erstmal von der Schokoladenseite vor… nur das Beste soll er oder sie kennenlernen… gut gepflegt, gute Ausdrucksformen, höflich, Hobbys… usw… das brauch ich ihnen nicht alles zu erzählen, das kennen sie ja selbst…

Wer bist Du?

Diese Frage bekommt wie eingangs erwähnt auch Johannes gestellt … Johannes, dieser komische Kauz, mit Fell bekleidet und Heuschrecken essend…

Damit verbindet sich bei den frommen Juden eine für sie entscheidende Frage:

Bist du es, der kommen soll?

Der Messias, von dem wohl die meisten erhofften, dass er die römische Besatzung aus dem Land verjagen und die politische Selbstständigkeit Israels wiederherstellen würde?

Oder ist er vielleicht Elija, der nach dem zweiten Buch der Könige nicht gestorben ist, sondern entrückt wurde und im Himmel bereitsteht, in der Endzeit wiederzukommen und das Volk auf das Ende vorzubereiten?

Oder ist es der Prophet schlechthin, der als neuer Mose das Volk einmal endgültig aus allem Elend herausführen soll?

Oder … oder … oder…

Auf all diese Fragen, in denen sich die drängenden Heilserwartungen des Volkes Gottes bündeln, antwortet dieser Johannes: „Nein, ich bin es nicht.“

Nichts ist davon zu hören, wer er ist, was er geschafft hat, wie viele Menschen er um sich geschart hat … dieser Johannes nimmt sich mit jeder seiner Antworten mehr und mehr zurück… er selbst bezeichnet sich nur noch als Stimme eines Rufers in der Wüste…

Mit jedem Laut, den Johannes von sich gibt, mit jeder Antwort… verweist er auf das Wort Gottes, das Fleisch geworden ist… auf Jesus selbst.

Es macht den Eindruck, dass, je näher er diesem Jesus kommt, desto mehr nimmt er sich zurück… vielleicht, weil er versteht, dass er am Ende eben nichts versteht … verstehen kann von der Größe Gottes, von diesem kommenden Geheimnis…

So wie ihm geht es übrigens vielen großen Theologen quer durch die Jahrhunderte… Ein Thomas v. Aquin beispielsweise, der wohl größte Theologe des Mittelalters, meinte zum Ende seines Lebens nach jahrzehntelangem Nachdenken und Schreiben über den Glauben, dass es doch besser ist zu schweigen, bei der Größe Gottes…

Johannes nimmt sich ganz zurück… um ihm, dem Kommenden Raum zu geben…

Liebe Geschwister…

„Wer bist Du?“

Vielleicht ist das heute hier, wenige Tage vor Weihnachten, der Ansporn… eine Antwort zu finden… eine Antwort auf die Frage, die Gott einen jeden von uns stellt:

„Wer bist Du?“

Nein, nicht das sie in Sack und Asche gehen sollen…

Schließlich feiern wir heute den 3. Advent… „Gaudete“ – Freut euch…

„Wer bist Du?“

Wenn wir uns Johannes d. Täufer zum Vorbild nehmen für die kommenden Tage, … und auf die Frage nicht mit … ich bin der oder die und ich kann dies oder das antworten … sondern uns selbst einfach etwas zurücknehmen und uns ausrichten … um uns zu bereiten, vorbereiten auf den der kommt, … Freut euch

… auf das Kind in der Krippe…  freut euch … wenn das keine Motivation ist. Amen.

Oliver Schütte