Predigt 5. Fastensonntag Lesejahr A 2023

 

Liebe Schwestern und Brüder,

angesichts der Weltlage und häufig genug auch angesichts unserer persönlichen Lebenssituation, können sich resignative, grüblerische Fragen und Gedanken einstellen:

Warum soll ich mich noch bemühen? – Es hilft ja eh nichts!

Mein Leben ist kurz genug, um mich nicht über meine Möglichkeiten zu täuschen.

Was ich mache, ist eh nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Ändern tut sich da eh nichts.

Es scheint auch, als sei die Zeit der Helden längst vorbei (sofern es sie je gegeben hat). Man hat den Eindruck, als brächte unsere Zeit auch keine großen Persönlichkeiten mehr hervor, die die Welt verändern könnten. Deswegen in unserer Gesellschaft dieser resignative Zug. Es gibt keine Idealisten mehr, die sich für eine Sache stark machen – zumindest nicht unter denen, die das Sagen haben.

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Was soll, so können wir vor diesem Hintergrund fragen, die Auferweckung des Lazarus? Diesen Tropfen auf den heißen Stein hätte sich Jesus auch schenken können. Denn Lazarus wird wieder sterben. Seine Auferstehung ist nicht die Fülle des Lebens, die uns verheißen ist.

Die ganze Fülle des Lebens schenkt uns Gott erst im Kreuz, Tod und Auferweckung des Einen. Aber Gott spricht zu uns in Beispielen, in Symbolen und Verheißungen, die für uns greifbar und sinnlich den Glauben erfahren lassen. Davon spricht die Heilige Schrift auf fast jeder Seite: Gott belehrt nicht, Gott handelt: Lazarus lebt!

Wenn wir auf die Worte und Zeichen des göttlichen Lebens in der Welt und in unserem eigenen Leben achtgeben und sie erkennen (und seien wir sich: es gibt sie), dann stehen wir bereits jetzt in der Fülle des Lebens, in der Herrlichkeit Gottes. Der erste Schritt dazu ist ein sich-Gott-Überlassen, das darauf vertraut, daß Gott allein Leben schaffen und mein Leben wenden kann.

Vertrauen wir darauf, daß Gott ganz konkret in unserem Leben sichtbar und fassbar ist – wahrscheinlich nicht in großen Gesten, sondern eher in kleinen Fingerzeigen.

Und selbst, wenn wir nirgends in unserem Leben Gottes Spuren entdecken sollten, kann das ein Geschenk sein: Wir  spüren den Mangel und bekommen dadurch eine Ahnung davon, welche Größe das Leben hat, das Gott uns schenken will.

Vertrauen wir darauf: nicht nur das Leid, der Hass und der Tod sind konkret in unserem Leben! Nein, auch die Hoffnung, die Liebe, der Frieden und die Gnade Gottes sind nicht nur allgemein und unverbindlich bei uns, sondern ganz konkret. Das Leiden Jesu, auf dessen Feier wir uns in diesen Tagen vorbereiten, der Karfreitag, ist ein Beweis für die Verbindlichkeit Gottes! Schon allein dadurch, daß Jesus Christus an seinem eigenen Leib die Sünde der Welt trägt, wird die Herrlichkeit Gottes deutlich. Denn Jesus Christus ist nicht irgendein Mensch, sondern der Sohn Gottes! Und Gott beglaubigt das Leben und Leiden dieses Jesus Christus und weckt ihn auf von den Toten. Die Auferstehung bürgt für die Richtigkeit des Lebens Jesu Christi!

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Wenn wir das glauben, wenn dieser Glaube in uns lebt und präsent ist, dann ist es uns möglich, unser manchmal kompliziertes, manchmal bedrückendes, mühsame Leben zu tragen. Und es ist uns dann auch möglich, das Unvollkommene zu wagen, Tropfen auf heiße Steine tropfen zu lassen in der Hoffnung, daß steter Tropfen doch den Stein höhlt.

Das alles ist uns möglich, wenn wir dem vertrauen, der selbst ganz konkret und sinnlich erfahrbar „die Auferstehung und das Leben“ ist.

AMEN.