3. Sonntag der Osterzeit A
Ein kalter Wind bläst der Kirche ins Gesicht:
in manchen Gegenden unserer Welt werden Christen massiv bedroht in ihrer Existenz. In manchen Ländern und Gegenden des Nahen Ostens erfährt die christliche Minderheit immer wieder Attacken auf Gemeinden und Kirchen und immer mit vielen Toten.
in unserem Kulturkreis ist es eher das nachlassende Interesse am kirchlichen Leben; es gehört inzwischen nur noch ein Minderheit unserer Gesellschaft einer christlichen Kirche an, viele der Kirchenmitglieder nehmen kaum die kirchlichen Angebote wahr und haben längst andere Interessen gefunden und innerhalb der Gemeinden kommt es zu Streit über die weiteren Schritte in die Zukunft, Andersdenkende werden verdächtigt und bei der Behörde angeschwärzt, es gibt an vielen Stellen Streit um Belanglosigkeiten, die ein wirkliches Vorwärtskommen behindern und lähmen.
Wir spüren oft eher den kalten Wind, der uns ins Gesicht bläst, als eine Woge von Sympathie, die uns gemeinsam trägt. Und so mancher pastoraler Mitarbeiter sagt sich auch: Warum tue ich mir das überhaupt noch an?
Es ist oft wie ein Kämpfen gegen Windmühlenflügel oder wie eine Sisyphusarbeit, die alle Kräfte einsetzt, aber dann merkt: der Felsbrocken rollt immer wieder den Berg herunter, auf den man ihn gerade unter großen Mühen heraufgerollt hat. Genauso müssen es die Jünger Jesu erleben: obwohl sie auf bekanntem Terrain sind – am See von Galiläa – gelingt ihnen nichts mehr, sie kommen mit leeren Netzen ans Ufer zurück. Ihre alten Strategien haben keinen Erfolg mehr. Ihre Berufserfahrung nützt ihnen jetzt nichts mehr, wenn die Bedingungen nicht mehr stimmen.
Die Evangelien sind entstanden im Dialog mit den jungen Gemeinden. Sie versuchen, Antworten auf drängende Existenzfragen zu geben. Sie nehmen die Sorgen der Gemeinden wahr, reflektieren die Situation und versuchen, eine Antwort aus dem Glauben heraus zu geben. Und dieser Glaube orientiert sich an dem, was die Jünger an Impulsen aus der Erfahrung mit Jesus mitgenommen haben. Fakt ist: auch die junge christliche Gemeinde braucht eine Botschaft, die ihnen Mut vermitteln kann. Deshalb werden immer wieder Geschichten erzählt, die von gemeinsamem Essen handeln. Diese Erzählungen, in denen ihr Herr und Meister immer wieder lebendig wird, ihnen ganz nah vor Augen steht, das ist es, was ihnen Mut macht. So überwinden sie ihre Lähmung, so kommen sie aus ihrer Depression raus. Und hinterher sagen sie: das war wunderbar, das war ein Wunder! So werden sie zu einer österlichen Kirche. Ostererzählungen sind Mut-Mach-Geschichten. Aus Angst-Hasen werden Oster-Hasen.
Was heißt das für uns heute?
Manchmal reicht es schon, die Perspektive zu wechseln. Nicht mehr zu jammern über das, was nicht mehr geht, hin zu dem, was neu möglich wird. Gab es früher immer die enge Verknüpfung: eine Gemeinde – ein Priester, mit oft großer Vertrautheit. So haben wir heute die Situation, dass mehrere Seelsorger und Seelsorgerinnen in einer und mehrerer Gemeinden arbeiten. Dadurch entsteht ein viel größeres Spektrum an theologischen Ansichten, an spirituellen Haltungen, an verschiedenen Lebenskonzepten. Dadurch kann kirchliches Leben viel bunter und reichhaltiger werden.
Manchmal muss man aber auch ein neues Handeln wagen: das Netz mal an der anderen Seite auswerfen. Nicht immer sagen: das haben wir schon immer so gemacht. Dadurch lähmt man sich selbst. Probiert es mal anders herum! Denkt mal das, was ihr euch bisher nicht zu denken getraut habt. Verlasst die eingefahrenen Gleise. Geht auf Menschen zu, die bisher nicht im Blick waren. Trennt euch von Altem, damit Platz wird für Neues.
Sowohl ein neuer Blick auf das Leben, als auch ein neues Handeln kann Mut zum Leben machen. Das ist Ostern – heute. Und da leben wir.
Reinhard Bürger