Wenn diese Gemeindenachrichten erscheinen, feiern wir in der Kirche den 4. Sonntag der Osterzeit, früher oft der ‚Gute-Hirte-Sonntag‘ genannt. An diesem Sonntag wird immer ein Evangelium gelesen, das von Jesus als dem Hirten seiner Herde spricht. Es wird die Sorge beschrieben, die ein wachsamer Hirte seinen Schafen zukommen lässt. Auch nach Hunderten von Jahren wird dieses Thema heute wieder aktuell, je mehr in unseren Medien von Übergriffen durch Wölfe auf Schafherden berichtet wird, auch bei uns in Nordrhein-Westfalen. Die Eigentümer machen sich große Sorge, wie sie ihre Herden besser schützen können. Trotz Industrialisierung ist das aus der agrarischen Kultur kommende Thema durchaus aktuell.

Oft hat man im Gefolge des biblischen Vergleichs die Verantwortlichen in den Kirchen auch ‚Hirten‘ genannt: Hirt heißt auf lateinisch ‚Pastor‘. Was aber, wenn es nicht mehr genug ‚Pastöre‘ gibt – aber die Hirtensorge weiterhin notwendig und gefragt ist? Da ist es gut, wenn wir aus der Engführung der Vergangenheit herauskommen und meinen, nur geweihte Priester seien ‚gute Hirten‘. Inzwischen gibt es seit vielen Jahren kompetente Männer und Frauen, die sich genauso als Gemeinde- oder Pastoralreferenten der Seelsorge widmen wie die Priester, sie sind auch ‚Pastöre‘.

Wesentlich ist heute aber, dass es nicht nur professionelle hauptamtliche Pastöre gibt, sondern dass wir entdecken, dass viele Aufgaben in der Hirtensorge auch durch engagierte Getaufte ausgeführt werden können, die nicht hauptamtlich angestellt sind. Es gibt bisher schon Menschen in unseren Pastoralen Räumen, die auch in Zukunft die Aufgaben als Leiter und Leiterinnen von Wort-Gottes-Feiern oder von Beerdigungen übernehmen werden. Es ist klar, dass in wenigen Monaten in unserem gesamten Pastoralen Raum incl. Derne fünf Seelsorger weniger tätig sein werden. Gottesdienste wollen wir aber weiterhin feiern und Beerdigungen zählen zu den wichtigsten Aufgaben in der Seelsorge. Ich freue mich, dass es bereits eine Anzahl von Menschen gibt, die diese Aufgaben wahrnehmen, und dass wir inzwischen eine weitere große Zahl von Menschen gefunden haben, die sich auf diese Aufgaben vorbereiten und dazu ausbilden lassen. Auf diese Weise werden nicht nur Löcher gestopft, weil es nur noch wenige hauptberufliche Seelsorger gibt, sondern weil getaufte Menschen so ihre Fähigkeiten einbringen können und tatsächlich füreinander echte ‚Hirtensorge‘ übernehmen.

Reinhard Bürger