19. Sonntag im Jahreskreis

Die kurze Erzählung der alttestamentlichen Lesung, die Begegnung des Propheten Elija mit Gott in einem Säuseln, in „einer Stimme des leisen Schweigens“, diese Begegnung hat eine lange Vorgeschichte.

Der Prophet ist im Auftrag Gottes mit dem König von Israel, Ahab, und dessen Frau Isebel, die dem Baals–Kult anhängen, aneinandergeraten. Es findet ein Kräftemessen statt, bei dem der Gott Israels siegt. Im Anschluss lässt Elija die Baalspropheten töten. Darauf droht Isebel ihm tödliche Rache an, und Elija flieht in die Wüste. Dort ergreift ihn Lebensüberdruss. Machtvoll hat er für Gott gestritten, jetzt sieht er sich der tödlichen Verfolgung ausgesetzt. Elija sieht sich als gescheitert, auch vor Gott – Lebensüberdruss. Er möchte sterben. Vielleicht auch, weil er seinen Gott nicht mehr versteht. Er sieht sich als nicht besser an als seine Väter, doch muss er das sein?

Niedergeschlagenheit, Resignation, Müdigkeit – die vergangenen Monate mit ihren Einschränkungen, mit ihren Ängsten und Sorgen haben bei vielen Menschen diese oder ähnliche Empfindungen hervorgerufen. Aus meiner alltäglichen Routine – die ja auch Sicherheit und Geborgenheit schenkt – herausgerissen und immer in latenter Furcht: Was wird noch passieren? Das kann lähmen. Vielleicht bin ich selbst erkrankt oder in Trauer um einen geliebten Menschen. Lebensüberdruss.

Doch Gott hat Anderes im Sinn. Mit Elija und, ich glaube, auch mit uns, wenn wir nicht mehr weiterwollen und -können. Zweimal stärkt er Elija mit Brot und Wasser. Ich versuche darauf zu vertrauen, dass Gott auch mich nicht ohne Stärkung lässt. Bin ich offen dafür? Stärkung, weil Elija einen weiten Weg vor sich hat. Gottes Heilshandeln braucht manchmal Zeit. Ich möchte geduldig vertrauen, aber nicht erstarrt verharren, sondern auch innerlich beweglich sein. Neue Wege, neues Denken.

Am Ende erlebt Elija am Horeb eine ungewöhnliche Gottesbegegnung. Gott ist nicht im Sturm, nicht im Feuer, nicht im Erdbeben, sondern in einem sanften, leisen Säuseln. Vielleicht eine versteckte Kritik an der gewalttätigen Art, mit der Elija für Gott gestritten hat. Auf alle Fälle ungewöhnlich und unerwartet. Auf ungewöhnliche und unerwartete Gottesbegegnung darf auch ich, dürfen auch Sie hoffen.

Solche Gottesbegegnungen können sehr überraschende Formen annehmen. Davon erzählt das Evangelium. Da ist zunächst Gefahr: Die Jünger sind dem Sturm ausgeliefert. Hinzu kommt Furcht, als sie meinen, ein Gespenst zu erblicken. Doch Jesus beruhigt die Jünger: „Habt Vertrauen, ich bin es; fürchtet euch nicht!“ Darauf folgt bei Petrus Mut, vielleicht sogar Übermut. Er will Jesus auf dem Wasser entgegenlaufen, und zunächst geht es auch gut, doch dann verlässt ihn das Vertrauen und er versinkt, um von Jesus gerettet zu werden. Eine Geschichte für unsere Zeit. Eine Geschichte, die von der Angst erzählt und wie sie überwunden wird und doch wiederkommen kann. Eine Geschichte, die zum Vertrauen einlädt und Mut macht.

Ein Letztes noch: Außergewöhnliche Begegnungen mit Menschen und mit Gott kann ich machen, wenn ich den Müden und Resignierten ein Engel bin. Ein Engel, wie Elija einem begegnet ist, der Speise und Trank teilt – wortwörtlich und im übertragenen Sinn. Und das Tolle: Nicht nur der Beschenkte, sondern auch ich als Schenkender erhalte neue Kraft.