In den letzten Wochen war in den Medien von einem Ort so oft die Rede. Ein Ort mit besonderer Bedeutung. Ein Ort, an dem richtig viel los war. Ein Ort, von dem ich zumindest vorher noch nie etwas gehört hatte: Lützerath.

Jede/r von Ihnen wird das Schicksal dieses Ortes mitbekommen haben. Ein Ort, der verschwindet, damit die gierigen Schaufeln des Förderradbaggers neue Nahrung an Braunkohle bekommen.

Im letzten Jahr habe ich die Ausstellung „Das zerbrechliche Paradis“ im Gasometer in Oberhausen besucht. Ich fand es eine sehr anrührende Ausstellung. Stellt sie einem zunächst in aller Ausführlichkeit die Pracht, die Vielfalt und die wunderschöne Besonderheit unseres Heimatplaneten vor Augen, so kommt im nächsten Abschnitt das böse Erwachen, wenn man sieht, was der Mensch aus unserem Planeten macht.

Ein Eindruck ist mir von dieser Ausstellung besonders im Gedächtnis geblieben. Es waren zwei Fotografien, die nebeneinander hingen. Das eine war eine frische Brandrodung eines Stück Regenwalds für die Entstehung einer Plantage und das andere war ein Bild von genau dem, was Lützeraths Zukunft ist: Ein Braunkohle-Tagebau.

Ich stand einige Minuten vor diesen beiden Fotografien und merkte, wie ich immer betroffener wurde. Diese Fotos sprachen nur eine Sprache: Zerstörung. Ich stand da und dachte mir „Das kann doch nur falsch sein.“ Gerade das Bild des Braunkohletagebaus schockierte und irritierte mich. Das, was ich dort sah, ist nicht irgendetwas am anderen Ende der Welt. Etwas, das ich einfach ausblenden kann. Nein, es ist direkt um die Ecke. Etwas, für das ich mitverantwortlich bin. Etwas, für das Menschen und Tiere ihr Zuhause verliehen. Und alles, was übrig bleibt, ist ein gähnender Krater der Vernichtung. Für nichts mehr nutze. Hinweg ist der ehemalige Glanz der Schöpfung.

Ich möchte mich hier nicht als Moralapostel aufspielen und Ihnen zurufen, dass wir unser Konsumverhalten ändern müssen. Dies wäre ein hohles Zeugnis, weiß ich doch selbst um meine Unzulänglichkeiten.

Es ist aber für jede/n von uns – mich eingeschlossen – ein Anfang, sich dieser Unzulänglichkeit bewusst zu werden und vielleicht doch eine Stellschraube zu entdecken, an der ich drehen kann.

Im biblischen Schöpfungsbericht heißt es, dass der Mensch sich die Schöpfung untertan machen soll. Damit ist aber gewiss nicht die rücksichtslose Ausbeutung gemeint. Vielmehr ist es die Aufforderung, Verantwortung zu übernehmen, damit auf dieser Welt ein gutes Leben möglich ist. Nicht nur für uns Menschen allein.

Angesichts der heutigen Problemstellungen fühlt man sich vielleicht ohnmächtig. Meint keine Chance zu haben. Es hilft aber nichts, den Kopf in den Sand zu stecken. Nehmen wir also unsere Verantwortung ernst.

Gut, jetzt bin ich doch etwas zum Moralapostel geworden.

Alexander Steinhausen