17. Sonntag im Jahreskreis

Kurz gesagt geht es heute um Schätze. Aber was ist ein Schatz, habe ich mich bei der Vorbereitung gefragt und einmal im Duden nachgeschaut. Dort gibt es tatsächlich mehrere Definitionen. Zunächst natürlich das, was wir vermutlich alle zuerst genannt hätten: Ein Schatz ist eine mehr oder weniger große Ansammlung von kostbaren Dingen etwa Geld, Gold, Schmuck etc., also etwas Materielles. Ein Schatz kann aber weiter auch ein ideeller Wert sein, ein geistiges Gut, ein geliebter Mensch, ein wertvolles Erinnerungsstück etc. Ein Schatz ist aber immer etwas, das für einen Menschen eine hohe Bedeutung, eine Wichtigkeit hat. Und das kann durchaus ganz Unterschiedliches sein.

Im Evangelium geht es gleich auch um Schätze, also kostbare Dinge – ein großer Schatz im Acker und eine wertvolle Perle. Doch Jesus geht es hier nicht um materiell wertvolle Güter. Er nutzt diese Schätze nur als Vergleich für einen aus seiner Sicht weitaus größeren oder höheren Schatz, nämlich einen ideellen Schatz, das Himmelreich. Das Himmelreich, also die Erfüllung der Träume Gottes für unsere Welt und unser Zusammenleben, ist für ihn das höchste und wertvollste Gut, für das es sich lohnt, alles zu geben und alles zu tun!

Vielleicht haben sie es nicht gemerkt, aber in der Lesung ging es gerade auch um einen Schatz. Gott gewährt dem Salomo eine Bitte. Und wir dürfen getrost davon ausgehen, dass Gott so ziemlich jede Bitte erfüllen kann, z. B. auch die nach Reichtum, nach Macht, nach Ansehen, nach einem langen Leben usw. Aber all diese Schätze wünscht sich Salomon nicht. Er wünscht sich ein hörendes Herz!

Ein hörendes Herz! Wie oft erleben wir eher das Gegenteil: Menschen, die nicht zuhören und hinsehen können, die nur ihre eigenen Wahrheiten kennen und anerkennen, die nur auf die eigene Stimme hören und die Stimme der Menschen in Not bspw. überhören.

Ein hörendes Herz! Mal Hand aufs Herz: Wer von uns hat das schon immer? Ich nicht! Da hör ich z. B. nicht richtig hin; da bekomme ich gar nicht mit, was den anderen beschäftigt. Da reden Menschen aneinander vorbei, sie sprechen zwar miteinander, hören aber nicht, was der andere wirklich sagt.

Ein hörendes Herz! Wie wunderbar ist es dagegen, wenn mir wirklich mal jemand zuhört. Mich anschaut, aufmerksam ist. Und nicht nur mit dem Verstand dabei ist, sondern auch mit Verständnis, einfühlsam und sensibel. Und wenn dann jemand womöglich sogar das hört, was ich gar nicht sagen oder nur schwer ausdrücken kann. Das tut dann richtig gut! Das sind ganz besondere Momente, besondere Gespräche, besondere Begegnungen.

Ein hörendes Herz! Wie wohltuend wäre es, wenn alle Menschen ein hörendes Herz besäßen oder auch nur öfter auf ihr Herz hören würden, denn nur mit dem Herzen sieht man wirklich gut, wie schon der kleine Prinz von Antoine de Saint-Exupery wusste.

Ein hörendes Herz ist also auch so etwas wie ein Schatz. Ein echter Schatz, den man immer wieder suchen muss, und für den man immer wieder alles tun sollte. Ein hörendes Herz ist ein Schatz, der die Welt verändern kann.

Ich wünsche mir daher mehr Menschen in dieser und für diese Welt mit hörendem Herzen. Aber ich wünsche mir auch selbst, noch mehr ein Mensch zu werden mit solch gutem Gehör und Gespür für andere und für das, was Not tut und wirklich wichtig ist, denn:

Ein hörendes Herz wird die Not der Menschen sehen und nicht nur das eigene Vorankommen oder das Wohlergehen nur des eigenen Volkes.

Ein hörendes Herz wird erkennen, welchen Anteil ich selbst habe an den Problemen dieser Welt: Klima, Ungerechtigkeit, Fleischskandal, Rassismus usw.

Ein hörendes Herz wird zwischen Gut und Böse, falsch und richtig unterscheiden können.

Ein hörendes Herz wird alle Menschen, egal welcher Hautfarbe, Rasse, Geschlecht oder Religion gleichbehandeln und die gleiche Würde zubilligen.

Ein hörendes Herz schenkt anderen zunächst Vertrauen statt Misstrauen.

Ein hörendes Herz wird zudem auch hinhören auf das, was Gott sagt und will.

Ein hörendes Herz ist ein Schatz wie der im Acker oder wie die kostbare Perle, für den es sich lohnt, alles zu geben und zu tun! Amen!

Manfred Morfeld