Ich habe seit kurzem auf meinem Schreibtisch eine Sanduhr stehen. Sie ist besonders. Ein erster Gedanke, wenn man sie ansieht: „Das kann doch nicht sein!“ Der Sand muss sich doch unten in der Sanduhr befinden und nicht oben. Wirkt ziemlich paradox. Wenn ich diese Sanduhr umdrehe, rieselt der Sand nicht von oben nach unten sondern von unten nach oben. Für mich passt diese Sanduhr zu dieser Zeit der Corona Pandemie. Wie viel wurde in den letzten eineinviertel Jahren auf den Kopf gestellt, wie viel wirkt paradox, irgendwie surreal – also nicht ganz echt. Ich vermute, dass es vielen Menschen in dieser Zeit so ergeht. Und das bringt vieles andere mit sich: Unsicherheiten, Ängste, existenzielle Sorgen, Überforderung… Diese „paradoxe Sanduhr“ führt mir all das immer wieder deutlich vor Augen – sie verändert meinen Blickwinkel.

Wir stehen unmittelbar vor dem Osterfest. Das zweite Ostern, das anders sein wird als vor der Pandemie. Jetzt, da ich diese Gedanken zu Papier bringe, weiß ich noch nicht genau, wie Ostern in diesem Jahr sein wird. Zu vieles ist immer in Bewegung, und damit bleiben Fragen und Unsicherheiten. Aber eines ist mir klar geworden. Auch Ostern ist ein Paradoxum, stellt alles auf den Kopf. Ostern hebelt den Tod aus, steht für neues Leben (kein Wunder, dass manche Zeitgenossen vom Frühlingsfest sprechen – neues Leben überall in der Schöpfung). Wir sagen und glauben, dass Jesus vom Tode auferstanden ist und bei seinem Vater lebt. Wir sagen und vertrauen darauf, dass dieses neue Leben auch für uns gilt. Wir erleben tagtäglich rund um uns herum Tod. Wie geht das zusammen? Ostern stellt alles auf den Kopf! Auch Ostern verändert meinen Blickwinkel.

Ostern – neues Leben; nicht erst irgendwann nach unserem Tod, sondern immer schon jetzt im Hier und Heute. Trotz Pandemie, trotz Corona – und was weiß ich, was da sonst noch alles kommen kann. Ein Paradoxum, aber nicht weniger echt wie die etwas paradox wirkende Sanduhr auf meinem Schreibtisch.

Ich wünsche Ihnen auch im Namen des ganzen Pastoralteams und im Namen des Vorstandes unseres Gesamtpfarrgemeinderates es ein gesegnetes und frohes Osterfest.

Manfred Wacker

P.S.: Haben Sie sich die Frage gestellt, wie diese „paradoxe Sanduhr“ funktioniert? Die Physik gibt uns die Antwort. Es hängt mit der Dichte der kleinen wandernden Kügelchen und der Flüssigkeit, die sie umgibt, zusammen. Weil die Dichte dieser Kügelchen kleiner ist als die Dichte der Flüssigkeit steigen sie hoch.