Vor einigen Tagen durfte ich eine neue Erfahrung machen, von der ich nie gedacht habe, dass ich sie jemals machen würde. Als Trauzeuge meiner besten Freundin habe ich das erste Mal in meinem Leben ein Brautmodengeschäft betreten und durfte Anteil haben an diesem besonderen Augenblick auf dem Weg zum Traualtar. Ich muss aber sagen, dass ich im Vorfeld so einige Bedenken hatte, wie es wohl werden wird, da meine vorherige Kenntnis über die Einkleidungszeremonie einer Braut nur auf Auszügen einer Fernsehsendung beruhten, die ich ab und an einmal aufgeschnappt habe, wenn meine Mutter diese schaute. Ich habe dann immer schnell den Raum verlassen, da ich es ehrlich gesagt eher nervig fand.

Erfreulicher Weise kann ich aber sagen, dass die Auswahl des Brautkleides meiner besten Freundin nicht so war wie im Fernsehen. Es war schön und all meine Bedenken haben sich nicht bestätigt. Und ja ich gebe auch zu, dass ich 2-3 Tränchen verdrücken musste, als meine beste Freundin dann in ihrem Kleid vor mir stand und wirklich wunderschön aussah.

So wie es mir mit den Brautmodengeschäften ging, so haben viele Menschen eine bestimmte Auffassung zu gewissen Dingen. Vorurteile gegenüber manchen Handlungen oder Personen, oder auch das strikte Festhalten an Ritualen: „Das war schon immer so…“ Da ist es gut über den eigenen Schatten zu springen und einfach neues zu wagen. Überhaupt neu und vielleicht auch unkonventionell zu denken. Erst dann eröffnet sich einem ein ganz neuer Horizont und neue Erlebnisse, die einen bereichern können. Viele große Ereignisse der Menschheitsgeschichte sind erst dadurch entstanden, weil Menschen ihre vorgeprägten Einstellungen und die herrschenden Gegebenheiten bei Seite gestellt haben und neu gedachten haben. Und keine Erfindung wäre entstanden, wenn sich nicht jemand einmal gefragt hätte: „Das muss doch auch anders gehen…?“ Ich glaube, diese Denkeigenschaft ist uns mit in die Wiege gelegt. Wir müssen nur aufpassen, dass wir nicht verlernen, sie zu nutzen.

Auch in der Kirche ist dies wichtig. Dabei meine ich aber nicht nur Bischöfe oder hauptamtliches Personal, sondern jede/n Christ*in, dem es wichtig ist die Kirche und mit ihr auch ein Stück vom Reich Gottes mit zu verwirklichen. Die Kirche ist seit 2000 Jahren im steten Wandel. Sie wird geprägt von den Menschen, die sich engagieren und versuchen die Frohe Botschaft in dieser Welt zu verkündigen.

Mir persönlich haben die letzten Monate gezeigt, wie wichtig es ist neu zu denken, da wir dazu gezwungen waren, weil „so wie immer“ nicht mehr ging. Ich finde in den letzten Monaten ist in der Kirche viel Gutes und Spannendes entstanden. Worauf wir aber achten müssen ist, dass das Neuaufgeblühte nicht wieder vom Alltagstrott im Keim erstickt wird. Lasst uns weiterhin anders Denken und nicht auf Autopilot fahren, weil es immer schon so war.

Alexander Steinhausen