In dieser Woche am 3. Oktober jährt sich zum 30. Mal die Nacht, in der die Länder der früheren DDR den Beitritt zur Bundesrepublik Deutschland vollzogen haben. Ich erinnere mich noch wie heute an den Tag, ich war extra zu den Freunden nach Erfurt gereist, um den Tag gemeinsam zu feiern, bin damals am 2. Oktober letztmalig in die DDR eingereist und habe sie nie mehr verlassen – es gab sie nicht mehr. Eine ganze Generation ist das schon her, aber ich habe es noch wie heute vor Augen.

Ich erinnere mich gern an diese Zeit, an die friedlichen Montags-Demonstrationen, an die Tausende kleiner Kerzen, an die freundlichen Menschen, die den Stasi-Aufpassern bei den Demos zuriefen: „Schließt euch an!“ Diese Erfahrungen dürfen wir nicht vergessen, zumal die öffentliche Stimmung heute viel gereizter ist, mit starken rechtsextremen Tendenzen selbst bei der Polizei, mit Hassbotschaften im Netz und mit Abgrenzung gegenüber allem Fremden. Die Erinnerung an 1990 aber zeigt mir: Wir können auch anders!!!

Das biblische Volk Israel lebt auch ganz wesentlich von der Erinnerung an seine Geschichte. Sie erinnern sich immer wieder an Jahwe, der ihnen die Kraft gegeben hat, dem Sklavendienst in Ägypten zu entkommen. Er hat ihnen die Geduld gegeben, das Exil in Babylon zu ertragen und schließlich die zerstörte Heimat und den Jerusalemer Tempel wiederaufzubauen. Die Erinnerung an die befreiende Kraft Gottes ist heute Basis für ihren Glauben.

Wir brauchen auch heute eine befreiende Erinnerung, damit wir die Herausforderungen durch Corona oder auch gefährliche politische Strömungen annehmen können. Wir brauchen keine verklärte Nostalgie, aber heilsame Erinnerung tut gut.