Spirituelle Impulse

Im Urlaub habe ich im Eichsfeld das Grenzlandmuseum besucht. Dieses mitteldeutsche Gebiet war bis 1989 durch die innerdeutsche Grenze zerschnitten.

Gleich der erste Raum in diesem Museum hat mich zutiefst beeindruckt.

Er zeigt die Berliner Mauer, die den Raum mit Hilfe verspiegelter Wände beherrscht. Ich fühlte mich wie eingeschlossen, erdrückt und gefangen. Diese Mauer – vor 60 Jahren gebaut – existiert heute, Gott sei Dank, nicht mehr. Aber bevor sich auch nur ein Funke Erleichterung in mir ausbreiten konnte, wurden andere Mauern gezeigt, die noch heute Länder, Gebiete, Städte, Menschen trennen: z.B. die Mauern zwischen den USA und Mexiko, Nord- und Südkorea, Israel und den Palästinensischen Gebieten.

Und dann gibt es die unsichtbaren Mauern, durch die Gesellschaft, unsere Erziehung, unsere Kultur, aber vor Allem durch uns selbst errichtet, gebaut aus Angst, Vorurteilen, Egoismus und Intoleranz. Menschen werden ausgegrenzt aufgrund ihrer Staatszugehörigkeit, Weltanschauung, Religion oder sexuellen Orientierung.

Es liegt an uns, an jedem Einzelnen, diese Mauern aufzubrechen.

König David jubelt in seinem Danklied: „Mit dir erstürme ich Wälle, mit meinem Gott überspringe ich Mauern.“ (Ps18,30) Diese Aussage darf ich für mich als Zusage, gleichzeitig aber auch als Auftrag  verstehen, mich mit meinen Möglichkeiten und Fähigkeiten dafür einzusetzen, Mauern zu überwinden, die andere Menschen ausgrenzen.

Dies geht oft nicht von heute auf morgen. Auch dafür finden wir ein Beispiel in der Bibel. Die Israeliten zogen sieben Tage lang um die Stadt Jericho, dann erst konnten sie die Mauern überwinden. Viele Menschen im Deutschen Osten trugen durch ihren Mut, ihre friedlichen Demonstrationen, ihre Gebete und ihren festen Glauben dazu bei, dass die trennende Mauer zum Einsturz gebracht werden konnte.

Ein Zeichen für diesen Mut und diese Ausdauer ist das kleine Stückchen Berliner Mauer auf unserem Kamin. Es erinnert mich daran, mir meine eigenen Mauern bewusst zu machen und motiviert mich zur offenen und fairen Kommunikation über meine und die Meinungen Anderer. So kann ich, im Vertrauen auf Gott, Mauern in meinem Kopf, in meinem Leben überwinden – und das an jedem neuen Tag.

Beate Klink-Schmidt