24. Sonntag im Jahreskreis C, 11. September 2022
Das zentrale Fest der Christen ist das Osterfest. Wir feiern an drei Tagen den Tod und die Auferstehung des Gottessohnes. Das sagt sich so leicht. Das für viele ist das nur schwer nachvollziehbar. Was Tod bedeutet, können wir noch verstehen -der Tod der englischen Königin hat das Sterben des Menschen für einige Tage wieder zu einem Hauptthema im öffentlichen Interesse gemacht. Aber was denn Auferstehung heißt, erschließt sich nicht so einfach. Was passiert da für ein merkwürdiger Zauber? Leeres Grab und Erscheinungen – das wirkt irgendwie auch fremd und für manches Außenstehenden klingt es wie Hokuspokus.
Da hilft mir das Gleichnis sehr, das wir heute gehört haben: der jüngere Sohn, der sich aus dem Staube macht und dem Elternhaus den Rücken kehrt und der ältere Sohn, der dem Rückkehrer nicht die Butter auf dem Brot gönnt. Für viele Menschen ist dieses Gleichnis ein Schlüssel, um die Kernbotschaft des christlichen Glaubens zu verstehen. Ein barmherziger Vater – ja so können wir uns Gott vorstellen. Und auch verlorene Söhne (oder auch Töchter) gibt es viele: Menschen, die mit ihrem Elternhaus brechen; die ihr Dorf verlassen, weil sie dort nicht frei atmen können; andere, die irgendwann die Werte aus ihrer Kindheit oder Jugend über Bord werfen; oder andere, die in einen Sumpf aus Alkohol und Drogen abstürzen. Der oder die ist dann für mich gestorben – so sagt man. Auch wenn eine Freundschaft zerbricht, sagen manche so: für mich gestorben.
Sterben musste auch der Prediger aus Nazareth. Er war den Machthabern suspekt geworden und hatte sich mit seiner Predigt verdächtig gemacht. Das war Grund genug, ein Todesurteil zu fordern. Und wir kennen alle die Geschichte vom Kreuz und von Golgotha. Und genau da geht die Geschichte weiter, denn nach einer Zeit der Totenruhe, der Grabesstille machen Menschen plötzlich die Erfahrung, dass er wieder lebt. Es sind aber nicht irgendwelche zufälligen Zaungäste, sondern seine engsten Vertrauten, die Frauen und Männer, mit denen er bisher unterwegs war, die einen liebenden Blick füreinander haben. Mit einem wertschätzenden und liebevollen Blick erkennen sie: er lebt!
Genau dieselben Worte gebraucht der Vater, der seinen heimkommenden Sohn begrüßt und ein Willkommensfest anordnet: Mein Sohn war tot und lebt wieder. Und er wiederholt diesen Satz noch einmal, als der ältere Sohn heimkommt und Vorwürfe macht: dein Bruder war tot und lebt wieder! Genau diese Worte könnte man Gott in dem Mund legen angesichts des Todes Jesu: mein Sohn war tot und lebt wieder.
Der Vater gibt seinem heimkommenden Sohn eine neue Chance, ohne Vorwürfe zu machen. Er gibt ihm eine Chance, einfach weil er ihn liebt. Nur so kann der Sohn von Neuem durchstarten und sein Leben neu sortieren. Die vorbehaltlose Zuwendung des Vaters gibt ihm dazu die Energie und Kraft.
Wo wir Menschen meinen, dass Beziehungen gestorben sind, dass Chancen verbaut sind, dass die destruktiven Kräfte größer sind, dass alles aus ist, da ist es das Leitbild des barmherzigen Vaters, der uns wieder an das Leben glauben lässt. Denn dieser Vater hat den Glauben an das Leben nicht verloren.
Reinhard Bürger