Gott sieht nämlich nicht auf das, worauf der Mensch sieht. Der Mensch sieht, was vor den Augen ist, der Herr aber sieht das Herz. (1 Samuel 16,7)
Nun toben sie wieder, die tollen Tage. Es ist Fasching, Fastnacht, Karneval. Mit Helau und Alaaf und vielen anderen Karnevalsrufen sind die Närrinnen und Narren unterwegs. Masken und Kostüme haben Hochsaison.
Mit dem Tragen von Masken verbindet sich altes Brauchtum. In früherer Zeit traute sich, durch die Maske geschützt, der einfache Mann wenigstens einmal im Jahr respektlose Reden zu halten und der sonst so gefürchteten Obrigkeit die Meinung zu sagen. Das war ihm in den Tagen vor der Fastenzeit zugestanden.
Zur Karnevalszeit dürfen wir uns kostümieren und sein, wer oder was immer wir sein wollen. Sie gibt uns im wahrsten Sinne des Wortes die Narrenfreiheit, mit einem zwinkernden Auge unbekannte Seiten an uns freizulegen. In dieser Zeit ist es uns also unbenommen, Masken zu tragen. Wir dürfen jemand anderes sein und die Welt mit anderen Augen sehen. Wir schlüpfen in eine andere Rolle. Vielleicht stellen wir uns gerade dann die Frage: „Wer bin ich? Wäre ich gern jemand anderes?“
Natürlich ist es verlockend, eine Maske zu tragen. Durch sie können wir unsere wahren Gedanken verbergen. Wir schirmen uns ab. Wir lassen uns nicht in unser Innerstes blicken. Hinter einer Maske sehen wir nicht das wahre Ich. Wir sehen nur, was wir vor Augen haben. Darum ist es sehr wichtig zu wissen, wann wir die Maske wieder ablegen sollten.
Denken Sie noch an die Coronazeit? Wie oft haben wir gesagt: „Ich möchte mal wieder das Gesicht, die Mimik meines Gegenübers sehen!“ Und heute? Wir alle tragen wieder viel zu oft Masken, möchten aber doch das Gesicht des anderen sehen, ihm in die Augen schauen. Unsere Maske aber lassen wir auf.
Doch das geht nicht. Wenn wir uns hinter unseren Masken verstecken, können wir nicht erwarten, dass andere ihre Masken ablegen. Wie soll denn ein anderer als Mensch mit uns reden, wenn wir ihm unser wahres Gesicht nicht zeigen, sondern ihn durch dunkle Gläser der Sonnenbrille betrachten mit Augen, die nicht zu erkennen sind! Und, wenn wir dauernd Rollen spielen, verlieren wir uns selbst. Eine Maske vor dem Gesicht kann sehr anstrengend sein.
Also genießen wir die Zeit hinter Masken und Sonnenbrillen. Schlüpfen wir ruhig mal in die eine oder andere Rolle. Aber seien wir auch stark und mutig, die Maskerade frühzeitig fallen zu lassen und zu entdecken, dass wir uns gar nicht verstecken brauchen. Denn es geht kein Mensch über die Erde, den Gott nicht gewollt hat. Und vergessen wir nicht: vor Gott brauchen wir keine Maske, vor ihm können wir sie bedenkenlos abnehmen, er kennt uns nicht einmal mit Maske, er sieht nur auf unser Herz und nimmt uns so an wie wir sind. Geben wir unseren Mitmenschen auch die Chance, uns ohne Maske zu mögen und zu entdecken, wer und wie wir wirklich sind.
Martina Rohrbeck