Marta und Maria, Schwestern, die unterschiedlicher nicht sein könnten und so auch ganz unterschiedlich auf den Besuch Jesu reagieren. Marta steht mit beiden Beinen fest auf dem Boden, zupackend, fleißig, sieht immer, was getan werden muss, in diesem speziellen Fall muss Essen für den Gast zubereitet werden. Maria eher meditativ, hört zu, saugt das Gehörte auf. Da scheint Streit vorprogrammiert. Und Jesus? Auf Martas Klage, Maria solle ihr endlich helfen, antwortet er: „Marta, Marta du machst dir viele Sorgen und Mühen… Maria hat den guten Teil gewählt.“
Diese Antwort hat mich schon immer geärgert und zum Widerspruch aufgefordert. Ich finde, beide Fähigkeiten sind enorm wichtig: Handeln und Tun, Zuhören und Träumen. Das eine darf nicht gegen das andere ausgespielt werden. Und ich glaube, das hat Jesus auch gar nicht gewollt. In dem Satz „du machst dir viele Sorgen und Mühen“ steckt ja auch Anerkennung für Martas aktives Handeln in dieser Situation, aber auch der Hinweis, in einer anderen Situation die passive Rolle zu wählen.
Wie würde das Leben in unseren Gemeinden, in unserem Pastoralen Raum denn funktionieren, wenn wir nicht mal die „Marta-Seite“ und mal die „Maria-Seite“ auspacken würden? Ein konkretes Beispiel dafür war doch das gemeinsame Fest am 15.6.2025 „Gemeinsam feiern wir Hoffnung“ im Sinnesgarten des St. Elisabeth-Krankenhauses und Altenpflegeheimes. Da war zum einen die „Marta-Seite“ gefragt. Zupacken: alles aufbauen und herrichten, später alles wieder abbauen, eben „rödeln“. Während des Gottesdienstes und auch bei den anschließenden Begegnungen hieß es dann zuhören, das Gesagte aufnehmen, darüber nachdenken, Ruhephase zum Auftanken, unsere „Maria-Seite“. Beide Seiten waren nötig und gleich wichtig.
Für mich sind beide Seiten „der gute Teil“. Das wird einmal das Handeln, das schöpferische Tun, ein anderes Mal das Zuhören oder Träumen sein. Das sind keine Gegensätze. Ich benötige die Aktivität von Marta und die Ruhe und Gelassenheit von Maria. Das gilt nicht nur für unsere Gemeinden, sondern auch in Beruf und Alltag, in der Familie und in der Partnerschaft.
Dietrich Bonhoeffer sagte einmal sinngemäß: Mit Marta allein wird das nichts und mit Maria allein ebenso wenig. Konkret heißt das für uns, unsere Gemeinden, unsere Kirche: Wir dürfen das Ziel unserer Bemühungen nicht aus dem Auge verlieren. Ich möchte mir Zeit nehmen, auf Gottes Wort zu hören, indem ich beispielsweise in der Bibel lese, mal innehalte im Alltag. Gestärkt durch solche Zeiten der Besinnung kann ich dann wieder tun, was wichtig und gefordert ist: für meinen Nächsten da sein.
Mit Ruhe und Hören und mit Einsatz und Engagement können wir leben, wie es Jesus uns gezeigt hat. Wir wirken durch beides daran mit, dass Nächstenliebe kein leeres Wort bleibt. Wir können die Welt verändern, vielleicht nur ein kleines bisschen, aber immerhin, das können wir.
Marta und Maria, zwei Pole, die Aktive und die Hörende, zwei Pole, die auch in meinem Leben vorkommen.