Der gelehrte Evangelist Johannes, von dem wir in den letzten Wochen die Evangelien hörten, macht es uns mit seinen Texten wahrlich nicht leicht: „Ich in dir, du in mir, ich in ihnen…“ solche und ähnliche Sätze finden wir immer wieder bei ihm. Beim heutigen Evangelium ist das nicht anders, aber ich bin an zwei Worten hängen geblieben und habe über deren Bedeutung für mich, für uns nachgedacht. Zum ersten Wort: Als wir am Dienstag bei unserer Teamsitzung wie üblich mit Gebet und Schriftgespräch anfingen, blieben wir bei einem Wort hängen, dass mich auch im Nachhinein noch beschäftigte: Verherrlicht! Was ist das überhaupt, fragten wir uns, verherrlicht. Später habe ich dann im Duden und im Lexikon nachgeschaut und dort heißt es: verherrlichen ist, etwas als herrlich zu preisen oder darzustellen bzw. etwas oder jemanden überschwänglich zu rühmen. Aha, dachte ich.

Aber was ist denn etwas „Herrliches“? Das ist doch für jede/n etwas anderes: Der eine findet ein kühles Eis oder den Sprung ins kühle Wasser an einem heißen Sommertag herrlich, eine andere den morgendlichen Lauf durch Wald und Feld. Oder wieder ein anderer empfindet die Erdbeerzeit als etwas Herrliches oder das Siegtor der Lieblingsmannschaft oder der Sonnenuntergang am Meer. Also etwas Herrliches kann für jede/n etwas anderes sein. Für Jesus, und damit für uns Christen ist Gott etwas Herrliches („ich habe dich verherrlicht und so sollen sie dich verherrlichen“ – so ähnlich klang es gerade im Evangelium). Und wie geht das nun, Gott verherrlichen? Im Duden und im Wörterbuch hieß verherrlichen, etwas oder jemanden preisen und rühmen.

Heißt also, wenn wir Gott verherrlichen wollen, dann müssen wir ihn preisen und rühmen. Und wie kann das gehen? Soll ich mich, wie es manche Sekten tun, an die Straßenecken stellen oder Gott immer und überall laut loben und preisen und von seinen Wundertaten singen? Ich glaube, das hatte Jesus nicht im Sinn. Aber/Und hier kommt dann das zweite Wort ins Spiel: Macht! Macht ist ein zwiespältiger Begriff. Wer Macht hat, kann Gutes bewirken. Wir kennen aber alle auch Beispiele von Machtmissbrauch. Macht kommt von Machen. Macht haben heißt, etwas (möglich) machen zu können. Wer mächtig ist, wer Macht hat, kann etwas machen. Und Gott hat Jesus und uns allen die Macht gegeben, etwas zu machen, jede/r nach seinen/ihren Fähigkeiten.

Die Macht, von der der Evangelist Johannes spricht, ist also ein Möglich-machen. Von Gott ist uns, die Macht, also die Möglichkeit gegeben, wie es an einer anderen Stelle der Bibel heißt, als Kinder Gottes zu leben. Die uns von Gott gegebene Macht eröffnet uns einen Raum, einen göttlichen Spielraum, unser Leben zu gestalten. Aus der Beziehung zu Gott zu leben heißt, ich kann und soll machen, was mir möglich ist; heißt, ich weiß mich verbunden mit den nahen und fernen Menschen in der Welt, ich weiß, wo ich herkomme und wo ich hingehöre, ich habe eine Ahnung von dem, was mich wirklich trägt, und ich lasse mich davon in meinem Leben bewegen, ich weiß, was Gott mir ermöglicht.

Und dann kommen die beiden Begriffe zusammen und ergeben einen Sinn und ein Bild:

Jede/r von uns hat Macht, d. h. die Möglichkeit etwas zu machen und im Sinne Jesu zu handeln. Wenn wir das tun und so als Kinder Gottes leben, dann wird Gott – so wie durch Jesus – durch unser Leben und Handeln verherrlicht, also als groß und herrlich gerühmt und gepriesen durch unser Machen. Und die Möglichkeit dazu haben wir durch den Geist Gottes, der an Pfingsten in die Welt gekommen ist, bekommen!