Weihnachten B, 24./25. 12. 2023

Heute von 800 Jahren, also im Jahre 1223, feierte der heilige Franziskus von Assisi das Weihnachtsfest mit einer lebendigen Krippe. Er hatte in dem kleinen Ort Greccio in Latium in Italien die Menschen gebeten, eine lebendige Darstellung der Geburt Jesu zu organisieren. Es war seine Überzeugung, dass es hilfreich sei, die Geburt des Gotteskindes so erlebbar für die Menschen zu machen, dass es nicht nur eine Glaubensüberzeugung bleib, die in Büchern verstaubte, sondern dass es ein Ereignis werden sollte, die die Menschen auch im Innersten berührt. Seither hat sich diese Idee weltweit durchgesetzt. An vielen Orten, in Kirchen und in privaten Häusern, in der Öffentlichkeit und in den Medien werden seitdem Krippen gestaltet oder Krippenspiele durchgeführt. Selbst für die Kleinsten von uns ist die Szene der Geburt Jesu ein eindrucksvolles Geschehen und sie erzählen voller Stolz: ich war die Maria oder ich war ein Hirte oder der Josef oder einer der Könige.

Auf diese Weise hatte Franziskus etwas geschafft, was die Menschen vor 800 Jahren sehr bewegt hat, so dass sie es immer weiter praktiziert haben. Er hat die Geburt Jesu ins ‚Heute‘ von damals übersetzt. Glauben ist für ihn mehr als die Erinnerung an etwas Vergangenes, sondern Glauben ist etwas, das im Heute passiert. Und mit den Menschen, die heute leben und die heute hier sind. Und so sind eben auch die Tiere aufgetaucht, die in der damaligen Gesellschaft das Leben geprägt haben in den Häusern, wo selbstverständlich auch die Tiere dazu gehörten. Eine Geburt in einfachen Verhältnissen, die Herbergen überlaufen, so dass nur noch ein Platz übrig beliebt, wo sonst die Tiere untergebracht sind. In einer solchen Umgebung wird ein Mensch geboren. Die Evangelisten geben der Geburt einen Rahmen, der gar nicht zu einem majestätischen König passt, sondern einfach und primitiv ist. Und die Menschen, die das als erste mitbekommen, sind einfache Landarbeiter und keine Tempeldiener oder frommen Messdiener in einer Synagoge.

1200 Jahre später hat Franziskus die Geburt mit Menschen seiner Zeit dargestellt. Ich frage mich, wie ich es heute darstellen würde, die Menschwerdung Gottes in unser Leben hinein. Ich würde auf eine Autobahn fahren und dort den nächsten Rastplatz ansteuern. Dort stehen die LKW’s dicht an dicht und die Fahrer müssen dort ihr Ruhezeiten einhalten. Sie schlafen in ihren Kabinen in den Fahrerhäusern, die sitzen auf Campingstühlen vor ihren Wagen und essen dort ihre Butterbrote und trinken ihren Kaffee. Sie kommen aus allen Himmelsrichtungen und aus allen Kulturen und sitzen in Grüppchen zusammen. Bei allem Wind und Wetter. Es wirkt etwas unheimlich, wenn man sich im Dunkeln zwischen den Lastwagen sich bewegen muss. Idylle geht anders. Dazwischen ein Pärchen unterwegs, die Frau muss entspannen, weil sie hochschwanger ist. Aber auch das ist ein Teil unseres Lebens. Wir sind angewiesen auf die vielen Transporte und die LKW’s und die Trucker, die Tag für Tag hier Pausen machen müssen. Das ist ein Teil unserer heutigen Gesellschaft. Und diese Trucker sind die ersten, die die Geburt eines Kindes mitbekommen, für das es keinen Kreissaal gibt. Lassen Sie ihrer Phantasie ruhig freien Lauf.

Die Botschaft aber bleibt die Gleiche: Gott will Mensch werden, – und er will das Leben der Menschen teilen – bis hin zur Verurteilung und zum Kreuz. Und menschliches Leben verläuft eben nicht immer glatt und glücklich, nach einem vorgegebenem und klaren Muster. Manches geht schief, manches passt nicht in ein überliefertes Schema. Es gibt immer wieder auch Brüche im Leben. Aber durch die Menschwerdung Gottes werden diese Brüche gesellschaftsfähig, ich werde damit akzeptiert und mitgetragen.

(Deshalb steht in der Franziskus-Gemeinde auch kein angeschlossener Stall als intimer Rückzugsort. Es steht dort ein offenes Haus, ein Haus der Offenen Tür, wo man hereinkommen kann und wo man herausschauen kann. Die Welt hat dort Zugang und der Blick ist hinausgerichtet auf das, was in der Welt passiert.)

In dieser Linier liegt auch Papst Franziskus., der vor einigen Tagen ein Dokument erlassen hat, das neue ungewohnte Töne anschlägt: es soll auch ganz offiziell möglich sein, dass auch Menschen gesegnet werden, denen bisher ein offizieller Segen verweigert wurde, etwa geschiedene Wiederverheiratete, homosexuelle Menschen in Partnerschaften. Das zeigt einen Blick auf die Wirklichkeit und es passt gut zu der Weihnachtsbotschaft, die Bischof Kamphaus vor Jahren so formuliert hat: Mach‘s wie Gott, werde Mensch.

In diesem Sinn allen ein gesegnetes Weihnachtsfest.

Reinhard Bürger