2. Sonntag im Jahreskreis B, 14. Januar 2024
Letzte Woche musste mal zu meinem Hausarzt und er hatte auch genügend Zeit für ein Gespräch. Und er fragte mich dann: ich habe gehört, Sie gehen bald in den Ruhestand. Ja, das stimmt, das ist auch offiziell bekannt gegeben. Er ist kein Gemeindemitglied und wird auch die Veröffentlichungen nicht kennen. Aber er hatte es mitbekommen von jemand, der Bescheid wusste. Der Buschfunk hatte getrommelt.
Das erleben wir häufig – gerade in unseren kleineren Gemeinden. Wenn etwa in Kirchderne etwas Wichtiges anliegt, hat es sich längst rumgesprochen, bevor es etwa in den offiziellen Gemeindenachrichten publiziert wird. Wenn jemand Bekanntes verstirbt, hat sich das auch hier längst herumgesprochen, bevor der öffentliche Aushang gemacht werden kann. Das ist ein ganz alltäglicher Vorgang. Es zeigt aber, wie Kommunikation funktioniert. Nämlich immer noch von Mund zu Mund. So wie es im Evangelium beschrieben wird. Die einen erfahren etwas und erzählen es weiter: Andreas erzählt es seinem Bruder Simon und der macht sich auf den Weg. Nach dem Schneeballsystem wird erzählt und so werden Menschen motiviert. Und so funktioniert das bis heute: Guck die mal diesen Film oder lies mal dies und jenes Buch. Geh mal in die Ausstellung. Probier mal dieses Rezept aus. – Alltägliche Kommunikation!
Oder der junge Samuel im Tempel, irritiert über die Stimmen in der Nacht. Er fängt an zu fragen und irgendwann bringt ihm der erfahrene Eli auf die Spur, so dass der junge Kerl weiterkommt. Es ist diese Erfahrung, das Gespräch unter den Generationen, Fragen und Antworten, bis Samuel auf den Trichter kommt und es ihm möglich wird, die Stimme zu deuten. So kann er Konsequenzen ziehen.
In beiden Fällen geht es um ganz normale, menschliche Kommunikation, die weiterbringt, fast alltäglich. Aber in beiden Fällen geht es ja nicht um das beste Sonderangebot im Supermarkt, sondern um viel wichtigere Fragen: Was mache ich aus meinem Leben? Welche Impulse nehme ich auf? Wohin zieht es mich? Wie möchte ich mich dem Leben stellen? Die Antworten können ganz verschieden ausfallen. Oft wirkt sich das in der Berufswahl aus. Möchte ich lieber mit Kindern arbeiten oder liegt mir ein Bürojob mehr?
Bin ich handwerklich begabt oder möchte ich dafür leben, dass unser Zusammenleben nach Recht und Gesetz verläuft? Welcher Mensch fasziniert mich, so dass ich von ihm inspiriert werde?
Was die beiden Personen aus den biblischen Schriften verbindet, ist die Tatsache, dass sie beide zu Gott finden: Von dem jungen Samuel heißt es: ‚Der Herr war mit ihm.‘ und bei Simon heißt es: ‚Jesus blickte ihn an‘ – eine Umschreibung für eine intensive Kontaktaufnahme.
Das alles geschieht durch alltägliche Kommunikation. Und wir umschreiben das mit dem Wort ‚Berufung‘. Sie empfinden ihren Lebensweg als stimmig. Persönliche Fähigkeiten und Neigungen, auch die Akzeptanz durch andere stimmen überein und können ein Hinweis darauf sein, dass hier eine Berufung durch Gott gegeben ist. Aber diese ganz alltägliche Kommunikation kann dauern. Manche suchen jahrelang nach ihrem ganz individuellen und persönlichen Weg. Aber am Ende kann dann die Bestätigung stehen, dass ich weiß: Ja, ich habe meinen Weg gefunden. Und dieser Weg führt in eine verbindliche Gemeinschaft – oder auf Latein – in ‚Kommunion‘.
Gemeinde kann also heißen. Kommunikation kultivieren, von den Freuden und den Hoffnungen erzählen, von dem, was uns fröhlich sein lässt und uns motiviert; aber auch von den Traurigkeiten und Ängsten, die uns manchmal lähmen und uns weinen lassen. Dafür ein offenes Ohr gewinnen und sich drauf einlassen. So kann einfaches, alltägliches und ehrliches Miteinander zu echter Gemeinschaft werden, Kommunikation zu Kommunion.
Reinhard Bürger