„Wenn erst das Frühjahr kommt, wenn es erst mal wieder warm wird, dann…“ Kennen Sie diesen oder ähnliche Sätze? Jetzt steht das Frühjahr bevor, lange wird es nicht mehr dauern. Wird dann wohl eintreten, was die Prophezeiung angekündigt hat: „Wenn das Frühjahr kommt, dann…“? Wenn ja, dann freue Sie sich! Immer wieder erlebe ich, dass das Frühjahr Lebensgeister weckt, die in der dunklen Jahreszeit verschüttet waren. Plötzlich begegne ich wieder Menschen, die ich längere Zeit nicht mehr gesehen habe. Zum Beispiel ältere Menschen, die sich mit dem Rollator wieder nach draußen trauen, kleine Wege unternehmen, vielleicht langsam, aber dennoch genießen sie es, wieder „da zu sein“. Es ist schön zu erleben, wenn sie hoffnungsvoll sagen, dass es „etwas besser geht“.

Aber was, wenn es nicht so ist? Manche werden erleben, dass auch das nahende Frühjahr keine spürbaren Veränderungen mit sich bringt. Eher erfahren sie für sich selbst, dass die Einschränkungen größer, der Bewegungsspielraum kleiner wird.

Vor einiger Zeit sah ich im Fernsehen, wie Samuel Koch in einer Talk Show auftrat. Seit seinem Unfall bei „Wetten das…“ ist er vom Halswirbel an gelähmt. Im Fernsehen kam ein Mann zu Wort, der von seinen depressiven Phasen genauso redete wie von den schönen Erfahrungen in seinem gelähmten Leben. Ich erlebte einen Menschen, der sich nicht aufgeben will und mit ungeheuer viel Lebensmut sein Leben möglichst selbstbestimmt meistern will.

Samuel Koch ist ein gläubiger Mensch. Er sprach auch davon, dass es im Himmel sicher schöner sei, als das Leben für ihn jetzt auf dieser Erde. Dennoch trat hier keine enttäuschte, gebrochene Gestalt auf sondern eine starke Persönlichkeit mit einem wachen Geist und einem großen Horizont.

Es ist gut, dass es solche Vorbilder gibt. Wenn ein junger Mensch durch einen Unfall derart behindert bleibt und dennoch nicht gänzlich verzweifelt, dann ist das ein Wunder des Lebens. Es zeigt sich darin, dass selbst Krankheit und schwerste Behinderung nicht zwangläufig zur Aufgabe des eigenen Lebens führen muss.

Dabei ist es sicherlich hilfreich, eine rettende Planke des Lebens zu haben. Für Samuel Koch und viele von uns ist dies neben den Beziehungen in der Familie auch der Glaube an Gott. Dabei ist die Hoffnung auf einen unvorstellbar schönen Himmel nur die eine Seite der Glaubensmedaille; die andere ist eine Kraft, die innere Lebendigkeit schenkt, unabhängig von Einschränkungen. Sie wird da besonders deutlich, wo die Freude am Augenblick gelebt werden kann, jenseits aller eigenen Befindlichkeiten: wieder neu die Freude am Gesang der Vögel in den Bäumen; die Freude am Duft der Wälder, Wiesen und Blumen; den Wind im Haar und die ersten wärmenden Sonnenstrahlen im Gesicht bei einer längeren Fahrradtour nach dem Winter; die Freude und Dankbarkeit für das gute Wort eines anderen Menschen. Freilich lässt diese Freude einen nicht mehr „über Hecken und Zäune springen“, aber sie ist doch eine ganz tiefe und ganz erfüllende. Ich wünsche sie Ihnen von Herzen

Manfred Wacker