Gründonnerstag, Lesejahr B, 01. April 2021

In diesem Jahr hat der Gründonnerstag ein völlig anderes Gesicht als noch im vorletzten Jahr. Der Altar in der Mitte, die Tische gut besetzt und für alle Teilnehmenden gab es die Gegenwart Jesu, erfahrbar im Brot und in einem Schluck Wein – und in der erfahrbaren Nähe zu den anderen Feiernden. Heute sind wir wegen Corona sehr bescheiden geworden. Wir reduzieren uns auf das, was unter Hygiene-Erfordernissen möglich ist.

Gründonnerstag ist ein Tag der Bescheidenheit. Es ist nur der engste Jüngerkreis um Jesus zusammen, keine jubelnden Menschen mehr wie am Palmsonntag. Und das erstaunliche dieses Tages ist gar nicht mal das gemeinsame Mahl – es ist die Fußwaschung. Rituelle Mahlfeiern gibt es zum Pessach-Fest viele – aber die Fußwaschung, die Johannes berichtet, hat ein Alleinstellungsmerkmal. Feierliches Abendessen, festliche Kleidung und ein passender Raumschmuck, das wäre auf den ersten Blick diesem Fest angemessen, so wie es die Juden gewohnt sind zu feiern. Aber hier geht der Gastgeber in die Knie und wäscht den Gästen die Füße. Ein Zeichen äußerster Demut und Bescheidenheit.

Diese Haltung tut der Kirche auch heute gut. Angesichts der Missbrauchsskandale durch Kirchenmänner und ihrer schleppenden Aufklärung gibt es keinen Grund für triumphale Gesten und manchem Würdenträger täte eine Geste gut, wie sie die Kanzlerin vor einigen Tagen gezeigt hat und bekannt hat: Ich habe einen Fehler gemacht und bitte um Verzeihung. Eine Kirche, die an vielen Stellen Vertrauen verspielt hat und sich auch dazu bekennen kann.

Und immer lauter werden die Stimmen, die eine gleichberechtigte Mitwirkung von Frauen in der Kirche ersehnen. Eigentlich ist die Zeit dafür längst reif, dass über Macht und Verantwortung gesprochen wird. Die Argumente für eine Haltung „es war immer so“ gehören längst auf den Müllhaufen der Geschichte. Dasselbe gilt für die Debatte um die Segnung homosexueller Paare. Auch hier täte der Kirche ein bescheideneres Auftreten gut und das Beispiel der Fußwaschung sollte allen Menschen gelten, die auch von der Kirche immer wieder diskriminiert worden sind.

In den Medien werden diese Themen zur Zeit rauf und runter debattiert. Offensichtlich ist es auch für die Gesellschaft, in der wir leben, noch interessant. Aber es kann nicht darum gehen, sich über die Skandale zu echauffieren, – da wäre das britische Königshaus genauso interessant. Es geht letztlich darum zu fragen, welches Bild wir als Kirche nach außen abgeben.

Ist es das Bild eines Bischofs, mit goldenem Ring und Scheitelkäppchen, mit Stab und Mitra – oder mit allem gleichzeitig.

Oder ist es nicht das Bild einer Frau, die spontan dem Obdachlosen in unserem Notquartier sagt: ich bringe Ihnen gleich Bettwäsche und neue Socken. Oder der jungen syrischen Frau, die ihn immer wieder mit leckerem Essen versorgt. Gründonnerstag ist auch vor unserer Haustür. So etwas schlägt keine Wellen. Es macht bescheiden. Aber es zeigt mir, dass die Zeichen des Gründonnerstags als Einstieg in die „Drei Österlichen Tage“ einen Weg in die Zukunft der Kirche zeigt: eine Kirche, die dient – denn: eine Kirche, die nicht dient, dient zu nichts (Jaques Gaillot).

Reinhard Bürger