Wandlung: „Wenn das Weizenkorn in die Erde fällt…“

 

Es geht um Leben und Tod, oder besser um die Wandlung von Totem zu neuem Leben. „Wenn das Weizenkorn nicht stirbt…“, hören wir im heutigen Evangelium. Aber eigentlich scheint mir das Bild, das wir alle so gut kennen und das auch Einzug gehalten hat in verschiedene Kirchenlieder, nicht ganz stimmig. Wenn ich mir die Körner so anschaue, sehen die eigentlich schon ziemlich trocken und tot aus. Wenn sie aber in die Erde gelegt werden, wandeln sie sich: Neues Leben erwacht, vielfältig und reichlich.

Wandlung, Verwandlung braucht unser Leben immer, um nicht zu erstarren. Wandlung, Veränderung geschieht auch ständig in unserem Leben: von Aussichtslosigkeit zu neuer Perspektive, von Hoffnungslosigkeit zu Hoffnung, von Trauer zu Freude, von Distanz zu neuer Nähe, von erkalteter Beziehung zu Wärme, von Dunkel zu Licht, von Streit zu Versöhnung, von Sorge zu Zuversicht, von Verzweiflung in der Krise zu neuer Größe, vom Tod zum Leben… Leben braucht diesen Wandel immer wieder, damit es nicht erstarrt und stirbt, sondern Frucht bringt!

Vielfach haben wir es selbst in der Hand, ob diese Wandlung gelingt – durch einen Perspektivwechsel, durch die Überwindung des inneren Schweinhundes, eine Neuorientierung, den ersten Schritt… Aber da, wo wir es allein nicht schaffen, hilft das Vertrauen auf Gott. Er gibt uns – wie es auch in einem Lied heißt – neue Hoffnung und neues Leben. Und darum kann Jesus sagen: „Wer sein Leben verliert, wird es gewinnen.“ Das klingt paradox, aber – und das weiß Jesus, darauf vertraut Jesus – mit Gott ist es möglich. Sein Geist schenkt die Möglichkeit zur Wandlung, zum „Es-geht-auch-ganz-anders“. Das ist auch das Motto der diesjährigen Misereor-Aktion: „Es geht! Anders!“ Gottes lebensspendender Geist gibt die Kraft dazu. Er gibt uns die Kraft zur Veränderung, die Kraft, zu neuem Leben zu erwachen und Neues, Fruchtbringendes zu ermöglichen, wenn wir uns ihm überlassen. So wie sich das Weizenkorn der Erde, der Sonne, dem Wind und dem Regen überlässt und dadurch vielfaches und neues Leben entsteht.

Auch in der Lesung, des heutigen Sonntags, geht es um Wandlung und Veränderung, neue Hoffnung, altes und neues Leben. Es geht darum, dass die Menschen alte Wege verlassen und sich auf Neues einlassen. In der Lesung aus dem Buch Jeremia haben wir die Verheißung eines neuen Bundes gehört. Der alte funktioniert nicht mehr, weil die Menschen die Wege Gottes verlassen haben. Das führte sie in die Resignation, die Verzweiflung, die Erstarrung. Sie sind jetzt in einer scheinbar aussichtslosen Situation und traurigen Lage gelandet, fernab ihrer Heimat, fernab ihrer großen Träume. Der neue Bund aber, den Gott schließen will, soll alles wieder zum Guten wandeln: „Ich lege mein Gesetz in sie hinein und schreibe es auf ihr Herz. Ich werde ihr Gott sein, und sie werden mein Volk sein.“

In diesem Satz liegt ein großes Geschenk. Gott schenkt sich uns. Er schenkt und seinen Geist, sein Gesetz. Und sein Gesetz ist die Liebe. Es ist seine Liebe, die er, Gott, uns unverdient immer wieder schenkt. Eine Liebe, die aufgehen soll in uns und sich wandeln soll in reiche Frucht für die Welt. Gottes Wort soll in mir zum Leben erwachen. In meinem Herzen! Das Korn der Liebe Gottes soll in mir wachsen, reiche Frucht bringen. Was erstarrt ist und tot, soll zu neuem Leben erwachen.

Es geht um Leben und Tod, um Veränderung und Wandel, um Karfreitag und Ostern und darum, dass aus dem Tod oder dem Totgeglaubtem neues Leben erwachsen kann, das reiche Frucht bringt!