Licht und Dunkel
„Lass das Licht an“, rufen Kinder oft vorm Einschlafen ihren Eltern hinterher, wenn diese das Kinderzimmer nach dem Gute-Nacht-Sagen verlassen, weil sie sich im Dunkeln fürchten und deshalb im Dunkeln nicht einschlafen können.
Dunkelheit macht Angst, die reale und die im übertragenen Sinne. Was im Dunkeln geschieht können wir nicht sehen und richtig erkennen. Wir wissen nicht, was da auf uns zukommt oder was im Dunkeln alles verborgen liegt. Das macht uns Angst. Das gilt auch jetzt in dieser Pandemie. Wir wissen nicht, was da noch alles im Dunklen und Verborgenen liegt und was da vielleicht noch auf uns zukommt. Das macht uns Angst und darum hoffen wir auf einen Lichtblick.
Aber es gibt auch das andere. Menschen fürchten sich vor dem, was im Licht zu sehen und zu erkennen ist. Eine uralte Geschichte des antiken griechischen Philosophen Platon erzählt von Menschen, die in einer Höhle leben und von der Welt draußen nichts weiter zu sehen bekommen als die Schatten, die die Dinge von draußen an die Felswände werfen. Und sie fürchten sich so sehr vor dem, was da draußen im Licht ist, dass sie es nicht wagen, die Höhle zu verlassen und ans Licht zu gehen. Sie haben große Furcht davor, ihr Leben zu verändern, sich auf den Weg zu machen, um mehr zu erkennen als diese Schatten an der Höhlenwand. Diese Menschen liebten das Dunkel ihrer Höhle und fürchteten das Licht.
„Lass das Licht an! Lass das Licht an dich heran und vertrau dem Licht mehr als dem Dunkel! Vertrau darauf, dass das Licht stärker ist als das Dunkel!“ So könnte man das, was Jesus im heutigen Evangelium zu Nikodemus sagt, umschreiben. Es geht um Licht und Finsternis, um Wahrheit und Glauben, um Leben, Gerechtigkeit und um Vertrauen in Gott: „So sehr hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hingab!“ Dieser kam als Licht in die Welt, weil Gott nicht will, dass wir im Dunkel zugrunde gehen, sondern dass wir im Licht leben!
Und darum: Lass das Licht an! Stell dich deinen Ängsten und Sorgen. Komm heraus aus der dunklen Höhle und vertreibe die Ängste und Sorgen, die das Leben verdunkeln: Die Angst vor den Mitmenschen, vor dir selber, die Angst vor Verantwortung, vor Veränderung, die Angst vor Offenheit, die Angst vor Corona, die Angst vor… Lass dich nicht von den Ängsten und Dunkelheiten einhüllen, versteck dich nicht im Dunkeln. Komm heraus aus deiner Höhle, überwinde die Angst und lass das Licht an! Lass es in dein Leben hinein, vertrau dem Licht, das nicht nur von Jesus kommt, sondern von vielen, vielen Menschen, die nicht nur in diesen Zeiten der Pandemie Licht in dein Dunkel bringen.
Lass das Licht an! Vertreibe die Dunkelheit in deinem Leben. Hoffe, wo Hoffnungslosigkeit sich ausbreitet, liebe, wo Lieblosigkeit die Oberhand zu gewinnen scheint. Vertrau auf Gottes Liebe und sein rettendes Licht, denn er will nicht richten und zerstören, sondern Leben retten.
Lass das Licht an! Komm heraus aus der Höhle und lebe im Vertrauen auf den, der sogar die Dunkelheit des Todes überwunden hat.