22. Sonntag im Jahreskreis C, 28. 8. 2022

Vielleicht erinnern Sie sich noch an die Szene als Donald Trump beim Nato-Gipfel in Brüssel sich an 29 anderen Regierungschefs durchaus mit körperlichem Einsatz vorbeidrängelt und sich arrogant in der ersten Reihe für das Pressefoto in Pose wirft. Ich bin der Größte, ich bin der Beste, ich, ich, ich. Peinlich, überheblich? Wie auch immer!

Daran musste ich sofort denken, als ich im Evangelium: „Wer sich selbst erhöht, wird erniedrigt, und wer sich selbst erniedrigt, wird erhöht werden.“ Wie anders das klingt! Bei Gott muss ich mich nicht vordrängeln, aufspielen, aufs hohe Ross setzen. Bei ihm gilt eine andere Ordnung! Ihm sind alle wichtig und für ihn sind alle wertvoll, auch die, die in den Augen der Welt nichts gelten, die Kleinen, die Schwachen, die an den Rand Gedrängten.

Die Geschichte, die Jesus heute erzählt lädt uns ein, unser Ansehen an Gott festzumachen. Er schenkt uns Würde, Ehre und Ansehen. Bei ihm sind wir was! Und das ist es, was zuallererst zählt. Wir müssen also nicht um Ansehen und Ehre kämpfen, und uns nicht von dem Ansehen, das wir bei Menschen genießen, abhängig machen. Menschen schauen oft nur auf das Äußerliche. Wir müssen uns nicht aufspielen oder in den Vordergrund drängen, damit wir gesehen werden. Bei Gott ist das nicht nötig. So wie ich bin, bin ich von ihm angesehen und geliebt.

Wenn ich das weiß und auch verinnerliche, dann brauche ich weder danach zu schielen, der Erste oder der Beste zu sein, noch muss ich eine falsche Bescheidenheit an den Tag legen. Meinen Wert muss ich mir nicht erkämpfen oder durch Leistung oder was auch immer verdienen. Ich habe meinen Wert schon durch Gottes Ansehen. Und gerade wir Christen sollten einander spüren lassen: Du bist wertvoll, weil du ein Kind Gottes bist!

Darum ging es auch bei der Königsausstellung, die wir im letzten Jahr in Kurl hatten: Du bist ein König, eine Königin bei und für Gott. Und das feiern wir z. B. bei jeder Taufe. Und wir alle haben einen Platz in der königlichen, der „Himmlischen Gemeinschaft“, von der Paulus in der Lesung spricht: „Ihr seid zum Berg Zion hingetreten, zur Stadt des lebendigen Gottes, dem himmlischen Jerusalem, zu Tausenden von Engeln, zu einer festlichen Versammlung und zur Gemeinschaft der Erstgeborenen, die im Himmel verzeichnet sind.“

Paulus beschreibt hier eine „Himmlischen Gemeinschaft“, zu der wir alle jetzt schon gehören dürfen. In dieser Gemeinschaft, auf dem Zion, wie Paulus es nennt, können wir Gott erfahren, aber anders als noch das Volk Israel in der Wüste am Sinai, wo loderndes Feuer, Sturmwind, dunkle Wolken und Finsternis herrschten. Auf dem Zion, dem neuen Gottesberg, ist es anders, so Paulus. Tausende von Engeln, die schon Vollendeten und Gott selbst auf uns. Und zu dieser „Himmlischen Gemeinschaft“ dürfen wir schon hier hinzutreten, dürfen wir schon jetzt gehören. Gott schenkt es uns – einfach so! Und in dieser himmlischen Versammlung, für die wir hier und jetzt ein Abbild sein sollen, soll es eben anders sein als sonst üblich hier auf Erden. In diese „Himmlische Gemeinschaft“ sind alle eingeladen, egal, ob groß oder klein in den Augen der Welt, jung oder alt, stark oder schwach, egal ob sie in der Welt ein Ansehen haben oder nicht. Zu dieser „Himmlischen Gemeinschaft“ sollen und dürfen alle gehören!

Amen!

Manfred Morfeld