2. Fastensonntag A Ein Segen sollst du sein!“ (Gen 12,1-4a; Mt 17,1-9)

Im „Erinnerungszimmer“ des Herz-Jesu-Klosters in Steyl (NL) sind etliche Koffer aufgestellt. In so einem Koffer musste untergebracht werden, was eine Missionarin bei ihrer Ausreise – damals auf Lebenszeit angelegt – mitnehmen konnte. Die Bilderwand dahinter lässt ahnen, wie die ersten Steyler Missionsschwestern in Afrika, Neuguinea oder Lateinamerika unterwegs waren: zu Fuß, per Ochsenkarren oder auf schwankenden Floßen.

„Geh fort aus deinem Land!“, hört Abram. Zieh fort „aus deiner Verwandtschaft und aus deinem Vaterhaus in das Land, das ich dir zeigen werde“. Abram gehorcht. Er gilt als Urbild für den im Gottvertrauen gewagten Aufbruch ins Unbekannte, aber Verheißene. Alles zurücklassen, ganz neu beginnen, lautet die Devise – und im Ausmalen seines Bruchs mit der Vergangenheit wird gern übersehen, was direkt nach unserer Lesung steht: dass er weder allein noch mittellos aufbricht. „Abram nahm seine Frau Sarai mit, seinen Neffen Lot und alle ihre Habe, die sie in Haran hinzugewonnen hatten.“ Da geht einer los mit Sack und Pack, mit Kind und Kegel.

Bei allen Planungen und Sicherheitsvorkehrungen durch die Oberinnen der Schwestern – ich halte diese Frauen für ebenso mutig wie Abram. Wieder und wieder ließen sich Missionarinnen in Grüppchen aussenden in Regionen, die sie sich nicht selbst ausgesucht haben, sondern zugeteilt bekamen. Dann packen sie eine Kiste mit Dingen, die sie für ihren Dienst vermutlich brauchen werden. Sie müssen sich darauf verlassen, an ihrem Einsatzort die versprochenen Bedingungen vorzufinden, und mehr als einmal steht so eine Gruppe trotzdem im Nichts und muss tatsächlich von Null an beginnen.

Warum tut man sich so was an? Abram zog los, weil ihm tief ins Herz gefallen war, was Gott ihm mit dem Ruf in die Ferne zugesagt hatte: „Ich werde dich (…) segnen und deinen Namen groß machen. (…) Durch dich sollen alle Sippen der Erde Segen erlangen.“ Und die Schwestern? Die trieb im Grunde dieselbe Verheißung. Nicht durch eigene Nachkommenschaft, sondern durch ihren Dienst der Verkündigung sollte ein großes Volk erstehen, die Weltkirche; den erlebten Segen wollten sie allen Sippen der Erde weiterreichen. Dafür wagten sie vieles und ließen noch mehr zurück: Heimat, Verwandte, Mitschwestern im Kloster, Lebensumstände, lieb gewordene Bräuche … Und vielfach ging ihre Saat des Segens auf.

Wo rührt die Lesung uns an? Wo höre ich den Ruf ins Neue, die Einladung, ja den Ruf zum Aufbrechen? Geht es um persönliche Lebensumstände, die nach Veränderung rufen, um Situationen, in denen der Segen, der auf mir ruht, sich einfach nicht entfalten kann? Ich denke auch an den Zustand der Kirche, an das Leben unserer Gemeinde, der Christen hier im Dortmunder Nordosten: Erlangen Menschen durch uns noch Segen? Oder halten wir uns selbst gerade eben noch über Wasser? Wie können wir für unsere Umwelt Segen sein? Und was von all dem in Jahrhunderten „Hinzugewonnenen“ brauchen wir dafür? An eine große Zukunft der „Sippe Gottes“ zu glauben braucht viel Gottvertrauen!

Was hat das alles mit der Verklärung Jesu zu tun, als deren Gegenstück die Lesung ausgewählt ist? Ich meine, wir können aufbrechen und „die Mühen der Ebene“ auf uns nehmen, wenn wir die Herrlichkeit Christi zu ahnen bekommen haben! Die Fastenzeit will uns hellsichtig, hellhörig dafür machen.

Manfred Wacker