22. Sonntag im Jahreskreis (A)

Seit dem 1. September sind wir hier im Dortmunder Nordosten endlich auch ‚Pastoraler Raum‘. Dadurch, dass die Derner Aloysius-Gemeinde im Sommer dazugekommen ist, ist jetzt auch von den Strukturen her unser Gebiet im Stadtbezirk Scharnhorst mit 7 selbständigen Gemeinden ein Pastoraler Raum. Wir sind damit der letzte in der Stadt Dortmund. Ursache ist die Weigerung des bisherigen Derner Pfarrers, sich in den Pastoralen Raum einzugliedern. Zur Zeit sind wir also fleißig dabei, die Hinterlassenschaften in Derne zu sortieren, das betrifft die Kirche und das Gemeindezentrum, das Pfarrhaus und den Friedhof. Vermietungen, Verantwortlichkeiten müssen geregelt werden und das Vertrauen zu den Menschen dort muss wachsen. Seit heute ist dort in der Gemeinde auch die kroatische Gemeinde zu Hause, die bisher in der Münsterstraße angesiedelt war. Sie werden dort sonntags immer um 10.00 Uhr einen Gottesdienst feiern und die Räumlichkeiten für ihre Aktivitäten nutzen. Ich bin sehr froh, dass es geklappt hat, die weitgehend ungenutzten Derner Räumlichkeiten wieder mit Leben zu erfüllen.

Für den Pastoralen Raum bedeutet das jetzt, dass alle Seelsorger jetzt für 7 Gemeinden zuständig sind, auch die Verwaltungsleitung muss sich jetzt um die Angelegenheiten von 7 Gemeinden kümmern, was bei 5 Friedhöfen und den ganzen Gebäuden eine Riesenaufgabe ist. Aber durch die jetzt einheitlichen Strukturen wird auch vieles einfacher. Die Sekretariate arbeiten schon gemeindeübergreifend und die digitalen Möglichkeiten machen vieles einfacher.

Ich stelle fest, dass die 7 Gemeinden auch sehr unterschiedlich ticken. Sie haben eine unterschiedliche Geschichte und verschiedene Traditionen. Jede Gemeinde hat ihre eigenen Schwerpunkte und wir haben bisher schon erfahren dürfen, dass diese Tatsache sehr bereichernd sein kann. Wir merken das bei den monatlichen Benedicat-Gottesdiensten. Wir spüren das bei der Ausbildung und dem Einsatz der Leiter und Leiterinnen von Wort-Gottes-Feiern. Ebenso sind die ersten Erfahrungen mit dem neuen Konzept der Taufpastoral sehr ermutigend. Viele ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind hier beteiligt – und das über die Gemeindegrenzen hinweg. Kirche endet also nicht an der Flughafenstraße.

So sind wir als Pastoralteam und als Pfarrgemeinderat zunächst mit dem Aufbau des Pastoralen Raumes in der endgültigen Struktur befasst – aber zugleich müssen wir auch schon an die Veränderungen denken, die uns in einem halben Jahr bevorstehen, wenn wir zu viert in den Ruhestand gehen werden. Sicher ist heute schon: es wird sich vieles ändern, nicht nur neue Gesichter. Das Erzbistum plant vor dem Hintergrund der zurückgehenden Priesterzahlen neue Strukturen für die Leitung von Pastoralen Räumen und erste Gespräche sind auch hier schon mit den Verantwortlichen aus Paderborn gelaufen. Sobald belastbare Ergebnisse vorliegen, werden wir alle Gemeinden im Dortmunder Nordosten informieren. Eine Entwicklung kann man aber jetzt schon absehen: es wird mehr Verantwortlichkeit auch auf haupt- und ehrenamtliche Laien zukommen. Das entspricht auch einer Forderung, die der Synodale Weg in den letzten Jahren gefordert hat. Eine ungesunde Machtverteilung – oft unumschränkte Macht bei den Priestern ist auch eine der Ursachen für sexuellen und geistlichen Missbrauch.

Wenn wir in Dortmund auch die letzten sind, die den Pastoralen Raum begründet haben, so werden wir wegen der absehbaren Ruhestände die ersten sein, wo sich neue Strukturen der Leitung etablieren werden, mit mehr Verantwortlichkeit bei ausgebildeten und professionellen Laien, aber auch bei den ehrenamtlichen Laien. Gemeinde und Kirche wird mehr Volk Gottes auf dem Weg, so wie es schon vor 60 Jahren das Konzil beschrieben hat. Das Priesterbild wird sich verändern. Ein Priester ist dann nicht mehr für alles und jenes zuständig, – so bin ich selbst noch groß geworden. Aber dieses Priesterbild gehört der Vergangenheit an. In Zukunft werden die Priester ihren Schwerpunkt auf Gottesdienst und Sakramente legen müssen. Für die Netzwerkarbeit mit Gremien, Räten, Gruppen und Initiativen gibt es dann andere Zuständigkeiten.

Für die Gemeindemitglieder und auch für die Öffentlichkeit bedeutet das ein Umdenken. Das kann nur Schritt für Schritt funktionieren. Aber ich glaube, wir befinden uns damit auf einem guten Weg.

Reinhard Bürger