2. Sonntag nach Weihnachten C, 2. 1. 2022
Die Weihnachtsbotschaft hat zwei ganz unterschiedliche Schwerpunkte. Der eine ist uns sehr vertraut und wenn wir nach Weihnachten gefragt werden, wird auch ein Ungläubiger noch wissen: das mit Betlehem und den Hirten und einem Engel und den drei Königen, vielleicht auch noch die Flucht nach Ägypten. Das sind Erzählungen, die sehr anschaulich sind, die man sich gut einprägen kann, die in unsere Kultur – Musik und darstellende Kunst – Eingang gefunden hat. Diese Art der Weihnachtsbotschaft geht auf die beiden Evangelisten Matthäus und Lukas zurück, sie ergänzen sich da ganz gut. Auch für Kinder ist diese Art der Weihnachtserzählung gut zu verstehen und es gibt kaum ein anderes Fest, das auch gerade für Kinder so attraktiv ist.
Einen ganz anderen Weg geht der Evangelist Johannes. Er kennt wohl die anderen Schilderungen von Matthäus und Lukas und muss das nicht noch einmal wiederholen. Er hat ein ganz anderes Interesse und will eher philosophisch darüber nachdenken, was die Geburt Jesu für die Menschen bedeutet. Deshalb ist die Sprache sehr abstrakt, vielleicht abgehoben für den normalen Hörer oder Leser. Dabei widerspricht es den anderen Berichten von der Geburt des Erlösers nicht, sondern ergänzt sie. Besonders für den gebildeten Leser, der in der damaligen gültigen griechischen Philosophie zu Hause war, war es ein anderer Weg, sich der Botschaft von der Menschwerdung zu nähern. Auch zu jenen Zeiten gab es Menschen, die sehr ernsthaft nach dem Woher und dem Wohin des Menschen fragten. Und für diese Menschen versucht das Johannesevangelium eine Antwort.
Zwei ganz markante Sätze möchte ich heute dazu herausheben:
Der erste ist sofort auch der erste Satz des Evangeliums „In Anfang war das Wort“. Der schriftkundige Mensch von damals, der die jüdische heilige Schrift kannte, hörte sofort heraus, dass hier angespielt wurde auf den Anfang der Schöpfungsgeschichte: im Anfang schuf Gott Himmel und Erde… Das, was von dem Erlöser berichtet werden soll, hat mit der gesamten Schöpfung zu tun. Schon am Anfang der Schöpfung gab es den Plan, das Wort, die Idee von dem Gott, der den Menschen nahe ist. Jesus Christus ist keine neue Erfindung, sondern er war von vornherein im Plan Gottes mit drin. Er hat sich da nicht irgendwie reingemogelt und auch die Menschen haben Gott kein Kuckucksei untergejubelt, sondern die Idee des Gottes, der den Menschen nahekommt, war schon ein Teil der guten Schöpfung Gottes.
Der zweite markante Satz heißt: „und das Wort ist Fleisch geworden…“ Diese Formulierung hat später Eingang gefunden in das sogenannte Große Glaubensbekenntnis. Es sollte klar machen, dass die Welt Gottes keine bloße Ideenwelt ist, sondern reales menschliches Leben. ‚Die Idee hat Hand und Fuß bekommen’, so würden wir heute vielleicht sagen. Es ist nicht bloß bei Ankündigungen geblieben. In der Politik in Wahlkampfzeiten erleben wir häufig, dass es oft bei Wahlversprechungen bleibt, dass man es bei leeren Ankündigungen bewenden lässt, dass es hohle Versprechungen sind. Gerade das soll nicht so sein. Die Menschwerdung Gottes ist ein Erweis, dass die Verheißungen Gottes auch Wirklichkeit werden.
Gleichzeitig ist dieser Start des Evangeliums bei Johannes eine Einladung auch für Menschen, die mit Ochs und Esel und Lametta und Engeln nichts anfangen können. Es wird ein Blick auf die Welt getan, so wie sie ist. Von Finsternis und Dunkelheit ist die Rede, die dem Menschen zu schaffen machen. Der Mensch ist aber eingeladen, dieses Licht von Gott anzunehmen und damit als Kinder Gottes diese Welt heller zu machen. Das Ziel dieser Welt ist nicht Zerstörung oder ewige Dunkelheit, sondern Herrlichkeit. Die Welt ist deshalb gut und es lohnt sich, sich auf diesen Weg Gottes einzulassen. – Eine etwas andere Weihnachtsbotschaft, aber mit einem Ziel für das vor uns liegende Jahr: die Welt zu sehen als eine Fülle von Spuren der Herrlichkeit Gottes.
Reinhard Bürger