Predigt 3. Adventssonntag A 2022

Liebe Schwestern und Brüder,

der 8. Dezember – das „Hochfest der ohne Erbschuld empfangenen Jungfrau und Gottesmutter Maria.“  Wir feiern es heute, am 3. Advent, nach.

Es ist ein ganz häufig missverstandenes Fest, nicht nur bei Kabarettisten, sondern auch bei Kirchgängern, bei den Menschen in unseren Gemeinden. Dabei feierten die Christen und Christinnen dieses Fest schon viele hundert Jahre, bevor es Papst Pius IX. im Jahr 1854 zum Dogma erklärte.

Ich möchte drei Schlaglichter auf dieses Fest werfen, möchte ihnen drei Gedanken zu diesem Fest sagen.

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Ein erster Gedanke: Wir feiern eine Empfängnis.

Wir wissen das Datum unserer Geburt. Wir feiern unseren Geburtstag. Wahrscheinlich wissen wir aber nicht den Tag unserer Empfängnis.

Bald feiern wir den Geburtstag Jesu – wir feiern auch seine Empfängnis, neun Monate vor dem Geburtsfest, am 25. März. Am 8. September feiert die Kirche die Geburt Mariens, eines der ältesten Marienfeste, die es gibt – neun Monate vorher, am 8. Dezember, feiern wir auch ihre Empfängnis.

Können wir ermessen, was das heißt. „Empfängnis“? Mit der Empfängnis, ungefähr neun Monate vor der Geburt, beginnt alles. Mit der Empfängnis tritt ein Mensch in das Leben ein, tritt er ins Dasein, in die Existenz. Damals, beim meiner Empfängnis, habe ich begonnen und werde nie mehr, nie mehr enden! Das Christentum glaubt nämlich daran, daß die Empfängnis ein zeitlicher Anfang ist für eine ewige Existenz! Wir werden einmal sterben, sind aber berufen bei Gott zu leben!

Christinnen und Christen glauben, und darüber wird viel zu wenig gesprochen, daß Gott im Moment der Empfängnis die unsterbliche Seele eines jeden Menschen erschafft. „Empfängnis“, das ist wunderbares Zusammenwirken von Gott und Mensch. Wo ich das glaube, wo mir das klar wird, da verstehe ich, warum die Kirche von der Würde eines jeden empfangenen Lebens spricht!

Empfängnis – Mensch von Anfang an, mit einer göttlichen Seele. Ich bin nicht das Produkt meiner Eltern, auch wenn meine Eltern mir das Leben geschenkt haben. Gott hat mich in diesem Augenblick erschaffen, unverwechselbar und für immer!

Ein zweiter Gedanke: Der Name des heutigen Festes lautet „Hochfest der ohne Erbschuld empfangenen Gottesmutter.“

Der Begriff der „Erbschuld“ ist sehr missverständlich und es klingt so, als könnte man Sünden vererben, so wie man Krankheiten, die Form der Nase oder Fähigkeiten vererben kann. Dieser falsch gedeutete Begriff der „Erbschuld“ hat sicherlich viel dazu beigetragen, daß das Christentum lange Zeit so sexualfeindlich war.

„Erbsünde“ meint, daß wir Menschen gar nicht anders können, als schuldig zu werden, weil wir in ein sündiges System, in sündige Zusammenhänge hineingeboren werden. Wir kaufen uns etwas anzuziehen und unterstützen Kinderarbeit und niedrige Löhne. Wir kaufen Fleisch und beteiligen uns an Tierquälerei – ein sündiges System! Es ist uns nicht möglich, nicht schuldig zu werden – Schuldigwerden gehört zum Menschsein.

Das Hochfest der „unbefleckten Empfängnis“ sagt nun: vor all diesen Schuld-Zusammenhängen hat Gott Maria vom ersten Augenblick ihres Daseins an bewahrt. Ab dem Moment ihrer Empfängnis, ihrer Zeugung durch ihre Eltern, ist Maria frei von aller Schuld, weil sie Gottes Sohn zur Welt zur Welt bringen soll. Weil in diesem Jesus Christus etwas ganz Neues beginnen soll, soll auch der Mensch, der ihn zur Welt bringt, ganz „neu“ sein.

An Maria können wir ablesen, was es heißt, wenn wir aus dem Netz von Schuld und Sünde befreit werden und wir nicht mehr im generationenübergreifenden Zusammenhang der Schuld stehen: dann können wir Gott in diese Welt bringen!

Ein dritter und letzter Gedanke: Wir feiern heute, daß wir „vorweg erlöst“ sind.

Die Theologie sagt, Maria sei aus den Zusammenhängen des Bösen herausgenommen, weil Gott sie „vorweg erlöst“ habe. Er hat ihr vom ersten Moment ihrer Existenz an die Gnade der Erlösung geschenkt.

Dieser Gedanke hat auch Auswirkungen für uns alle. Wir alle, getauft oder nicht getauft, leben bereits im Vorweg-Erlöstsein!

Kein Mensch kommt mit negativem Vorzeichen, mit einem Minus, auf die Welt, so sehr wir alle auch zwangsläufig in die sündigen Zusammenhänge dieser Welt verstrickt sind. Vorweg-Erlöstsein heißt: Gott hat im Neubeginn mit Jesus Christus vor jedes Menschenleben ein Pluszeichen gesetzt. Auch das ist eine frohe Botschaft des 8. Dezember!

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Das, liebe Schwestern und Brüder, meine drei Gedanken zum Hochfest der unbefleckten Empfängnis:

Wir sind vom ersten Augenblick unserer Empfängnis an von Gott gerufen, indem er uns eine unsterbliche Seele schenkt.

Wir dürfen in Maria einen Menschen erkennen, der ganz erlöst ist.

Und zusammen mit Maria sind wir durch Christus „Vorweg-Erlöste.“

Drei gute Gründe, heute ein frohes Fest der „Immaculata“, der „Unbefleckten“ zu feiern!

AMEN.