Predigt am Franziskusfest 3. Oktober 2021

Vor einigen Jahren haben die Akteure des ‚Naturlehrpfades‘ im Wald auf dem Weg nach Kurl ein großes Kreuz aufgestellt mit der Aufschrift ‚Die Schöpfung bewahren‘. An sehr prominenter Stelle hat es seither die Wanderer und Radfahrer daran erinnert, dass wir in einer wunderbaren Schöpfung leben, dass diese Schöpfung aber auch arg bedroht ist. Unter diesem Kreuz haben seither auch zahlreiche Gottesdienste in Freien stattgefunden, oft auch ökumenisch. Das Schöpfungskreuz war ein Ort auch außerhalb unserer Kirche, wo die Gegenwart Gottes in unserer Welt auch sichtbar angezeigt worden ist.

Ganz entsetzt waren deshalb im Sommer die ersten Reaktionen, als der Querbalken morsch geworden war und zerbrochen ist. Daraufhin ist das Kreuz erst einmal abgebaut worden, um Unfälle zu verhindern. Die Reste der Querbalken sind hier aufgestellt. Man kann noch Reste der Schrift erkennen, man sieht, wie morsch das Holz inzwischen ist.

Vielleicht ist dieses einfache Kreuz ein Sinnbild dafür, wie verletzlich unsere Schöpfung ist. Die Überschwemmungen in unseren Kellern hier in der Siedlung, in Hagen, im Ahrtal und an vielen anderen Stellen in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz haben uns ganz handgreiflich vor Augen geführt, dass auch wir nicht in einem Schlaraffenland wohnen und die Katastrophen nur immer anderswo sind. Und wir könnten noch viele andere Orte in unserer Welt benennen, von wo uns immer wieder Katastrophenmeldungen erreichen, Hurrikans, Überschwemmungen, Waldbrände, Tsunamis, Vergiftungen. Unsere Schöpfung ist so zerbrechlich und bedroht wie dieser kaputte Holzbalken.

Dagegen steht die Botschaft des heutigen Tages. An vielen Orten der Welt wird Erntedank gefeiert; die Menschen machen sich bewusst, dass es nicht selbstverständlich ist, dass uns die notwendigen Lebensgrundlagen reichlich zur Verfügung stehen und wir hier aus dem Vollen schöpfen können. Gleichzeitig ist es für die Menschen in Deutschland der Tag, an dem vor 31 Jahren die nationale Einheit nach einer gewaltlosen Revolution erreicht worden ist – viele können sich noch gut daran erinnern. Und für uns hier in der Franziskus-Gemeinde ist es der Todestag des Patrons Franziskus von Assisi. Er ist am Abend des 3. Oktober 1226 im Alter von 44 Jahren gestorben. Er hat den Menschen starke Impulse gegeben, um das Evangelium ganz konsequent zu leben, keine faulen Kompromisse zu machen, sich den Menschen ganz zuzuwenden und das Vertrauen auf Gott zu setzen. Aus dieser Begeisterung hat Franziskus gelebt und viele andere Frauen und Männer mitgerissen. Er hat dabei auch seine Gesundheit ruiniert. Sein wohl bekanntestes schriftliches Vermächtnis ist der ‚Sonnengesang‘. Es ist ein Lob auf die wunderbare Schöpfung Gottes, in der Sonne, Mond und Sterne, Erde, Wasser, Feuer, Pflanzen, Tiere und die Menschen ihren Platz haben, besonders diejenigen, die verzeihen können. Auch der Tod hat in dieser Schöpfung seinen Platz. Dabei unterscheidet er zwischen dem Tod, der wie ein Bruder ist und uns den Weg zu Gott ebnet, und dem Tod, der vernichtend ist und zerstörerisch, für den vielleicht dieser kaputte Balken ein Symbol sein mag.

Dieses Schöpfungslied hat seinen Platz bei vielen Menschen und oft wird es gewünscht als Gesang in Gottesdiensten. Es fängt an mit ‚Gelobt seist du…‘, in Italienisch ‚Laudato si…‘. So hat auch Papst Franziskus seine Enzyklika zur Schöpfung überschrieben, in der er eindringlich zur Bewahrung der Schöpfung aufruft und eine Umkehr aus einem verschwenderischen und zerstörerischen Lebensstil anmahnt.

Inzwischen lassen sich immer mehr Menschen von diesen Ideen anstecken. Die ‚Fridays for future‘ – Bewegung – vor allem von jungen Menschen – ist dafür ein Beispiel. Die deutschen Bischöfe haben sich vor 2 Jahren entschieden auf diesen Weg gemacht. In vielen Ländern erstarken die politischen Kräfte, die die Farbe ‚Grün‘ vor sich hertragen und auch andere politische Richtungen haben erkannt, wie notwendig eine Umkehr ist Interesse einer Schöpfung, die die Erde schützt und bewahrt.

Wir können stolz sein, Franziskus als Patron der Gemeinde zu haben, denn er steht mit seiner Überzeugung wie wenige andere für eine Welt, in der Natur, Menschen und Tiere zusammenleben, für eine Welt, die nicht ausbeuterisch und egoistisch handelt. Er steht für eine Welt, in der die Menschen sich informieren und Verantwortung für ihr Handeln übernehmen, für ein Welt, die nicht durch den eigenen Jägerzaun eingeschränkt ist, sondern die weltweite Solidarität der Menschen im Blick hat.

Wir haben in unserer Kirche viele schöne Hinweise auf Franziskus und auf die Vielfalt und den Reichtum der Schöpfung, nicht zuletzt durch die wunderbaren Fenster. Ich kann mit aber auch denken, dass der zerbrochene Balken des Schöpfungskreuzes hier einen festen Platz bekommt, um uns und die Besucher unseres Zentrums immer wieder daran zu erinnern, wie zerbrechlich und bedroht die Schöpfung ist, und daran zu erinnern, dass es auch anders geht.

Reinhard Bürger