24. Sonntag im Jahreskreis – Tag des Pastoralen Raumes

Vielleicht war es nur ein kleiner Funke, der vor 1 ½ Jahren die Kathedrale Notre Dame in Paris in ein flammendes Inferno verwandelt hat. Und vielleicht war es auch nur ein Streichholz, das vor vier Wochen Beirut in eine Trümmerwüste verwandelt hat. Und vielleicht waren auch nur kleine Feuerzeuge, die das Lager Moria auf Lesbos vor ein paar Tagen abgefackelt haben. Wir spüren, welche zerstörerische Kraft in so einem kleinen Funken stecken kann. Ist es angesichts dieser Katastrophen nicht makaber, von einem Funken Hoffnung zu sprechen.

Wir spüren, wie ein kleiner Funke viel bewirken kann. Aber – Gott sei Dank – nicht nur im Zerstörerischen. Auch um Begeisterung zu wecken, braucht es manchmal nur eine kleine Initialzündung. Es sind einige Wortführer in Belarus, die Tausende mobilisieren, um für sich und ihr Land um Freiheit zu kämpfen, gegen Diktatur und Bevormundung und Staatsterror, Menschen ohne politisches Mandat und ohne Reichtümer, aber mit Mut und Entschlossenheit. Es sind die unzähligen Menschen, die in den letzten fünf Jahren gezeigt haben, dass Menschen auf der Flucht bei uns willkommen sind und die viel geschafft haben und das Versprechen der Kanzlerin umgesetzt haben mit dem Bewusstsein: Wir schaffen das!

Es gibt nicht nur das Feuer des Untergangs, sondern auch das Feuer der Begeisterung, des Mutes und der Kraft zum Durchhalten.

Diesem Feuer setzen wir uns heute aus, dem Funken der Hoffnung. Wir dürfen heute unsere Hoffnung feiern. Es ist eine positive Kraft, die uns nach vorn blicken lässt. Paulus schreibt an die Gemeinde in Rom, dass die Hoffnung nicht ins Leere führt. Es gehört aber auch Kraft zum Widerstand dazu, auch manch große Not, standhalten müssen, gestärkt werden. Hoffnung ist also mehr als ein allgemeines Wellness-Programm mit dem bekannten Kölner Slogan „Es ist noch immer alles gut gegangen.“ Nein: Hoffnung macht ernst mit den Tiefzeiten des Lebens, mit Krisen, mit Enttäuschungen. Aber sie hilft uns Menschen, dass wir uns nicht vergraben und den Kopf in den Sand stecken. Wir lernen – oder müssen lernen – auch mit Corona zu leben. Wir sind es inzwischen gewohnt, Verhaltensweisen zu beachten, die uns zu Hygiene und notwendigem Abstand verhelfen. Viele haben Wege gefunden, auch ohne Fernreise einen erholsamen Urlaub zu verbringen. Und so mancher steht nicht im Pendlerstau, sondern sitzt in seinem Home-office. Wir lernen, mit den neuen Bedingungen zu leben.

Hat denn eigentlich Gott versagt in dieser Krise. Er war doch sonst auch da in Zeiten von Pest und Cholera. Die Menschen haben ihm Wallfahrten, Passionsspiele, Wegkreuze und vieles mehr dafür gewidmet. Wir hatten für doch in diesem Jahr so viele schöne Gottesdienste geplant, Ostern und Pfingsten, Fronleichnam und Erstkommunion. Jetzt macht er sich seine schönsten Feiern selbst kaputt. – Vielleicht ist diese Zeit eine Chance, mal Zwangs-Pause vom kirchlichen Betrieb zu machen und dem nachzuspüren, wer Gott wirklich für uns ist. Vielleicht entdecken wir ja ganz neue Seiten bei ihm und in meiner eigenen Seele. Und wenn unser Gespräch mit Gott, unser Beten, um Worte ringt, nicht weiß, was es sagen soll – vielleicht wird es eine neue Brücke zu ihm, ehrlicher, authentischer, menschlicher. Offensichtlich will Gott uns berühren und anrühren, Feuer in unsere Seelen und in unsere Beziehungen bringen: Ich bin gekommen, Feuer auf die Erde zu werfen…

Kirchen sind nicht systemrelevant, das haben wir in der Krise durch die Politik immer wieder gesagt bekommen. Das hören wir nicht so gern. Wahrscheinlich ist eine Kirche auch nicht systemrelevant, die nur um ihre Verluste jammert.

Wir sind heute hier, um unsere Hoffnung stärken zu lassen, in ehrlicher Begegnung und aufrichtigem Gespräch, in Wertschätzung füreinander und der Offenheit für den Gott, der sich in allen Höhen und Tiefen der Geschichte als ein „Gott mit uns“, ein Immanuel gezeigt hat.