18. Sonntag im Jahreskreis B (Exodus 16, 2-4.12-15)

Unsere Welt ist unsicherer geworden, und wir ahnen, dass Veränderung unser Leben permanent prägen wird. Woher nehmen wir den Mut und das Vertrauen, Neues zu wagen? Die Exodus-Erzählung sagt uns: Es gibt keine Gewissheit. Es gibt die Hoffnung, dass Gott uns in die Freiheit ruft und uns jeden Tag finden lässt, was wir brauchen.

S1: Hast du gelesen: Die Biontech-Gründer Türeci und Sahin haben das Bundesverdienstkreuz erhalten.

S2: Das sind doch diejenigen mit dem Corona-Impfstoff?

S1: Ja genau, aber sag, findest du das gerechtfertigt?

S2: Keine Ahnung, muss noch die Predigt vorbereiten.

S1: Welchen Text hast du denn als Vorlage?

Lektor*in: Ex 16,2-3

S1: Ja, ganz klassisch. Sobald es schwierig wird, sehnt man sich zurück zu den angeblich guten alten Fleischtöpfen und vergisst alles Negative, die ganze Sklaverei.

S2: Da hast du nicht ganz unrecht. Was meinst du, wie oft ich den Satz gehört habe: „Hätte ich das gewusst, dann hätte ich das besser bleiben lassen.“

S1: Es scheint, als ob wir Menschen gut darin wären, uns mit den Dingen abzufinden, solange wir zu essen haben. Wir sind aber nicht so gut darin, ein Risiko einzugehen und etwas Neues zu wagen.

Lektor*in: Ex 16,4

S1: Moment mal, Prüfung, das ist kein schlechtes Stichwort. Die Zuversicht der Israeliten wird geprüft, ob sie die Wüste bestehen oder ob sie nur jammern und stänkern.

S2: Ja, wenn alles gut läuft, dann braucht man nicht zu kämpfen, dann soll alles nur so bleiben, wie es ist. Aber der Mensch entwickelt sich nicht weiter.

S1: Ja, die ganzen Erfindungen und Entwicklungsschritte hätte die Menschheit nie gemacht, wenn das Leben nur ein Zuckerschlecken wäre. Oder im Bild des Bibeltextes: Ohne den Durchgang durch die Wüste keine spirituelle Entwicklung für das Volk Israel.

S2: Hey, das passt doch zu diesen beiden Gründern.

S1: Wie meinst du das?

S2: Na ja, wenn ich das richtig weiß, dann waren die doch seit 2008 und noch länger unterwegs mit ihrem Institut und wollten ein Krebsmedikament entwickeln. Stell dir vor, mehr als zwölf Jahre Forschung, ohne dass etwas erfolgreiches dabei rumkommt. Aber die hatten Durchhaltevermögen und Biss.

S1: Und du meinst, das war wie eine Prüfung für die beiden? Und als dann dieses Corona-Virus aufgetaucht ist, da haben sie nicht gejammert, sondern ihre Forschungen ganz neu ausgerichtet. Und alles in der Hoffnung, dass ihre Forschungen zu einem Impfstoff führen könnten.

S2: Ja, sie haben die Prüfung eindeutig bestanden und nicht nur ihre Firma weitergebracht, sondern der ganzen Menschheit einen Dienst erwiesen.

Lektor*in: Ex 16,12-15

S1: Na, das klingt jetzt doch wieder so, als ob am Ende der liebe Gott das Tischleindeckdich aufstellt und alles wird gut.

S2: Ich glaube, das wäre ein Missverständnis. Ich denke eher, es geht darum, dass die Israeliten im Vertrauen auf ihren Gott das finden, was sie brauchen. Das bekommen sie aber nicht einfach so, sondern weil sie sich der Herausforderung stellen. In der Wüste musst du lernen, dich auf die Situation einzulassen. Du musst achtsam sein auf die Zeichen, du musst lernen, sie zu verstehen. Du kannst keine Fässer mit Wasser mitschleppen, du musst Oasen finden. Die Wüste ist immer noch eine Prüfung, an der wir reifen – oder auch nicht.

S1: Ja, wir werden getestet. Das Leben ist nie ein Paradies. Die Werbung hat uns eingeredet, dass alles einfach und bequem ist. Wir können uns alles kaufen, was wir brauchen. Aber das ist doch nicht unser menschliches Leben.

S2: Ja, ein glückliches Leben heißt nicht, dass alles rundläuft und es keine Probleme gibt. Ein glückliches Leben besteht in der Zuversicht, dass man die Probleme meistern kann, die da noch kommen mögen.

S1: Also wenn man so will, dann ist dieser Text hochaktuell. Es werden eine Menge Probleme und Veränderungen auf uns zukommen. Die fetten Zeiten sind vorbei. Es hat keinen Sinn, sich dahin zurückzuwünschen. Es geht darum, die Herausforderungen anzunehmen und sie zu bestehen.

S2: Die Frage ist ja eh, ob die alten Zeiten so toll waren. Wir hatten unsere Fleischtöpfe und materiellen Wohlstand, aber dafür haben wir uns von unseren Mitmenschen, von der Natur und von uns selbst ziemlich entfremdet.

S1: Das Leben geht nicht rückwärts, sondern nach vorne. Und gerade weil die die Zukunft offen ist und der Weg durch die wüste führt, könnten wir eine Menge lernen. Am Ende könnte eine menschliche Welt stehen, in der wir uns gegenseitig bereichern und miteinander die Krisen bestehen. Wir können erfahren, dass wir es hinkriegen. Was wir dazu bräuchten, wären Zuversicht, Neugier und Entdeckerfreude.

S2: Ja, die Zukunft ist offen. Es gibt keine Gewissheit. Aber es gibt die Hoffnung, dass Gott uns in diese Zukunft ruft. Dass alles schon da ist, dass so vieles möglich ist. Wir müssen aber lernen, daran zu glauben und es zu entdecken. So wie die Israeliten das Manna unter dem Tau in der Wüste.