„Ich bin in Sorge um mein Seelenheil!“ Haben Sie so schon mal gedacht oder gefühlt? Haben Sie vielleicht deswegen schon mal eine Nacht schlecht geschlafen? Eher nicht – werden sicher die Allermeisten sagen. Manche werden vielleicht gar nicht verstehen, was ich jetzt eigentlich meine und worüber ich gerade rede!!

Das ist insofern bemerkenswert, weil es für unsere Ahnen die sicher wichtigste Lebensfrage war: die Sorge um das eigene Seelenheil und das der anderen: der mir anvertrauten Menschen, der „armen Seelen“. Wenn das so ist, stellt sich die Frage: Ist uns da etwas Wesentliches verloren gegangen – oder ist es gut, dass es weg ist? Waren nun die Alten auf dem „Holzweg“ oder sind wir es?

Die Menschen um Jesus haben diese Sorge: „Herr, sind es nur wenige, die gerettet werden“? Und die Antwort Jesu ist auch nicht gerade mundgerecht für uns Heutige: „Bemüht euch mit allen Kräften, durch die enge Tür zu gelangen – viele werden es versuchen, aber es wird ihnen nicht gelingen“. Ein hartes Wort: Von Ablehnung ist da die Rede, von verfehltem Leben.

Doch diese Sorge kennen wir sehr wohl! Situationen, wo wir erleben, dass es „eng“ wird. Vielleicht fragen wir nicht religiös, aber vielleicht so: „Stimmt der Weg, den ich eingeschlagen habe? Hat das, was ich tue, noch einen Sinn?“ Oder: „Wie komme ich aus dieser Sackgasse heraus?“ Wir kennen Versagensängste oder die Sorge, dass mir mein Leben „zerrinnt“. Insofern ist uns auch der Rat Jesu so fremd nicht: „Bemüht euch mit allen Kräften durch die enge Tür, diese Enge zu gelangen“. In allen Entscheidungssituationen begegnet uns diese Herausforderung! Entscheidungssituationen, darin steckt das Wort Scheidung, Trennung. Eingeübte Lebensgewohnheiten tragen mehr, bisherige Verdienste zählen wenig… Und das, wovor wir stehen, haben wir nicht gelernt! Schauen wir uns diese engen Türen mal an:

  • Junge Menschen erfahren sie, wenn sie nach der Schule, evtl. fern von zu Haus, Ausbildung oder Studium beginnen. Doch selbst, wenn sie in der Heimat bleiben, kommt die Frage: Wie denke und fühle ich, nicht die Masse, nicht die Eltern? Nach welchen Idealen lebe ich? Wenn das junge Menschen ernsthaft berührt, dann macht das erst einmal einsam. Wer das nicht aushält, wird ein Leben lang, wie ein toter Fisch, mit dem Strom schwimmen.
  • Aber auch später kommen immer wieder solche Scheidungsmomente, z.B. das Berufsende. Das, was mehr getragen hat, als wir im Alltag wahrgenommen haben: unsere Meinung, unsere Kompetenz… sind so, als gäbe es sie nicht mehr. Sind wir überflüssig geworden?
  • Menschen, die in anderer Weise ‚aus der Bahn geworfen werden‘; die z.B. ihren Kulturkreis verlieren, weil sie flüchten mussten. Dann ist nicht nur die Sprache fremd… Die fremdartige Kultur, der andere Umgang miteinander ist vielleicht regelrecht angsteinflößend. Qualifikationen aus der Heimat zählen nicht mehr, einen Status, den man mal hatte… Aus und vorbei! Dass macht einsam.
  • Und dann ist da noch die große Scheidung, die wir mit dem Tod erleben, mit dem Tod eines geliebten Menschen. Wie einsam macht Trauer?! Das Leben scheint völlig entleert. Hat es noch Sinn, das Leben, wie es war? Und wie wird es erst sein, wenn ich selbst an der Schwelle stehe, die die Scheidung von allem bedeutet? Wie erlernt man die ‚ars moriendi‘, die Kunst zu sterben

Die Aufforderung Jesu ist: Geht durch die enge Tür“ – geht, bleibt nie stehen im Leben. Und noch stärker: Müht euch mit allen Kräften! Das Leben, das Weiterkommen ist immer wieder auch ein Kampf. Wer nur von den „Pfründen“ lebt, kann am Ende mit leeren Händen dastehen: „Dann werdet ihr sagen: wir haben doch mit dir gegessen und getrunken und du hast uns auf der Straße gelehrt. Er aber wird erwidern: Ich weiß nicht, woher ihr seid.“

Für Lukas, den Evangelisten der Armen, ist das eine scharfzüngige Anfrage an alle, die „am Tisch sitzen“, d.h., an alle Etablierten. Immer wenn wir von unseren Verdiensten leben, auch wenn wir unseren Glauben/unsere Gemeinde als eine Art Versicherungspolice sehen, leben wir an der Botschaft Jesu vorbei. Andere, die „von Westen, Osten, Norden oder Süden“ (die damals sog. Heiden, die Fremden) sind vielleicht näher dran am Wort Jesu, an der Not der Zeit und den Notwendigkeiten des eigenen Lebens als wir!

Formulieren wir das Wort Jesu als Zusage, dann klingt es vielleicht so: Wenn euch die Angst überkommt, nicht zu bestehen, wenn ihr vor verschlossenen „Lebenstüren“ steht, lauft nicht weg! Geht da hinein – mit all euren Kräften! Das heißt aber auch: Wir haben diese Kräfte; immer wieder erfahren wir es, dass uns Kräfte zuwachsen, von den wir noch nicht wussten, die uns über uns hinaustragen.

Nun mag man einwenden: Das ist nicht reine Lebenskunst, brauchen wir dazu Gott? Mir geht die Ausgangsfrage noch nicht aus dem Sinn: Was hat die Warnung vor der „engen Tür“ mit unserer Gottesbeziehung, unserer Seele, unserem endgültigen Heil zu tun?

Für mich ist der Rat Jesu: „Geht durch die enge Tür“, viel mehr ein innerer Weg, als ein äußerer. Wenn das Wichtigste in unserem Leben die Beziehung und Begegnung auf Gott hin ist, das ist die wichtigste Aufgabe in unserem Leben, diese „innere Tür“, die seinen Namen trägt, immer wieder zu durchschreiten, durch das Gebet, durch die Stille, die Schriftlesung, durch den Gottesdienst.

Die „Frucht“ eines solchen inneren Weges ist die Erfahrung, dass Türen sich weiten, gefährdende Situationen in Seinem Licht anders erscheinen, bis hin zur „engen Tür“ des Todes, die uns in die Weite des göttlichen Lichtes führt. Mit schönen Worten drückt diese Zusage die Offenbarung des Johannes aus: Die Gewissheit, dass wir hinter den engen Türen des Lebens dem Leben selbst begegnen: „Ich stehe an der Tür und klopfe an. Wenn einer meine Stimme hört und mir öffnet, werde ich eintreten und mit ihm Mahl halten – und er mit mir.“ Amen.