Gedanken zum 2. Advent 2021

„Stürmische Zeiten – ABER… Berge kann man versetzen“

Verrückt, völlig verrückt der alte Mann in der Geschichte, der da in China mit seinen Söhnen versucht, mit der Hacke zwei Berge, die ihm den Weg und die Sicht versperren abzutragen! Ja klar, möchte man sagen. Aber ist es wirklich so verrückt? Wörtlich verstanden schon. Aber wenn ich in diesen Bergen ein Bild für all die vielen Berge aus Sorgen und Ängsten, Arbeit und Last, Zweifeln und Fragen sehe, die es im Leben eines jeden und einer jeden von uns gibt, dann ist die Geschichte aus China eigentlich eine Mutmachgeschichte: Jammert nicht nur über den Berg vor euch, könnte sie uns sagen, sondern packt an. Nehmt das Heft des Handelns in die Hand und legt los, beharrlich und mutig! Dann kann man auch Berge versetzen. Dass das gelingen kann, erleben wir doch immer wieder: Wer hätte z. B. 1989 gedacht, dass die Berliner Mauer fallen könnte. Aber – wir haben es erlebt und sicher alle noch gut in Erinnerung – sie ist gefallen. Sie ist gefallen, weil Menschen daran glaubten, dass es möglich ist, beharrlich blieben und so diesen scheinbar riesigen Berg – um im Bild zu bleiben – überwunden haben.

Oder: „Wir schaffen das!“, sagte 2015 Kanzlerin Merkel angesichts des Flüchtlingsdramas, das sich in Europa abspielte. Und wenn auch viele sie dafür kritisiert haben, trat dieser Satz doch auch eine ungeahnte Welle von Engagement los – auch hier in unserem Pastoralen Raum. Menschen setzten Zeichen der Solidarität und Hilfsbereitschaft, weil sie, vielleicht auch angespornt durch diesen Satz, daran glaubten, dass wir es schaffen, und die nicht vor dem Berg an Problemen, der mit der Krise verbunden war, zurückschreckten!

Auch in der Corona-Krise fragten sich viele: „Wie kommen wir da durch?“ Zugegeben, es war und ist immer noch eine schwierige Zeit und manche sind nahe an der Verzweiflung. Aber auch hier gab es die vielen kleinen und großen Zeichen des Zusammenhalts. Und auch hier bei uns wurden viele Dinge neu entwickelt, um den Menschen zu zeigen: Ihr seid nicht allein und gemeinsam schaffen wir es, auch diesen Berg zu überwinden.

Und dann war da im Sommer die verheerende Flut. Auch hier wurden Berge, zum Teil ganz wörtlich aus Schutt und Schlamm, versetzt. Menschen haben sich in Bewegung gesetzt. Menschen haben sich umeinander gesorgt. Menschen haben denen, die alles verloren haben, Unterkunft angeboten und manche haben ihr Leben eingesetzt, um andere zu retten und haben so den Opfern Kraft gegeben. Sie haben Seelen gerettet, weil sich manche ohne diesen Einsatz aufgegeben hätten.

Das alles zeigt, wozu wir mit Vertrauen (zu mir selbst und zu Gott) und Beharrlichkeit fähig sind, und was wir gemeinsam schaffen können, wenn wir zupacken wie der alte Mann aus China. Und das gilt nicht nur im „Großen“. Wenn wir alle mal genau hinschauen, entdecken wir sicher auch in unserem Leben Situationen, wo wir gespürt haben: Hoffnung und Glaube (an uns selbst und an Gott) können Berge versetzen.

Glaube, das ist für mich das Urvertrauen, dass ich geborgen bin in den Händen des himmlischen Vaters. Dieses Urvertrauen hat der, der von Gott zu uns gekommen ist, uns ganz nahe gebracht. Dieses Urvertrauen stärkt und ermutigt mich – wie der Chinese in der Geschichte – anzupacken, nicht aufzugeben, wenn sich mal wieder alles wie ein Berg vor mir auftürmt. Dieses Urvertrauen schenkt mir die Kraft und die Beharrlichkeit, Stück für die Stück die sich auftürmenden Berge abzutragen. Und ich spüre: Es kann gelingen. Das ist meine unerschütterliche Hoffnung. Und wenn ich Hoffnung habe und diese Hoffnung mein Leben bestimmt, dann werde ich beginnen, die Berge abzutragen, denn:

„Menschen, die aus Hoffnung leben, sehen weiter.

Menschen, die aus Liebe leben, sehen tiefer.

Menschen, die aus dem Glauben leben,

sehen alles in einem anderen Licht“

– entwickeln ungeahnte Kräfte und versetzen Berge.

Amen!